Erstmals 2014 setzten meine Frau Karin
und ihre Freundin Bettina die Idee eines adventlichen Konzerts mit dazu
passenden Texten um. Damals trug Pater Franz Purainer die „Heilige
Nacht“ von Ludwig Thoma vor (die er übrigens auswendig beherrscht).
Da dieses Format hervorragend ankam, gab
es Jahr für Jahr eine neue Ausgabe. Das ganze Jahr vorher sichtet und sammelt
Karin dazu Musik und Texte. Ihr Ehrgeiz ist stets, diese unter ein gemeinsames
Motto zu stellen. Letztes Jahr beispielsweise war das Thema „Hebe deine
Augen auf“.
Heuer lautet der Titel „Heimat ohne
Grenzen“. Die Texte stammen unter anderem von Kurt Tucholsky, Friedrich
von Bodelschwingh, Rüdiger Woog und Siegfried von Vegesack.
Zweimal fiel das Konzert wegen Corona
aus, so dass es heuer zum achten Mal stattfindet. Leider muss Pater Purainer
als Sprecher krankheitsbedingt verzichten, so dass ich ihn nun bereits zum
dritten Termin vertrete.
Das Pörnbacher Adventskonzert ist
inzwischen zum „Kult“ geworden und zieht Fans von nah und fern an. Besonders
eindrucksvoll ist vielleicht, dass die Veranstaltungen „aus eigener Kraft“
durchgeführt werden. Die stolzen Pörnbacher verzichten also auf „eingekaufte“
Künstler von außerhalb.
Die Zusammenarbeit der Mitwirkenden ist
bewundernswert, und das Klangbild des Chors inzwischen unverwechselbar
harmonisch. Dazu kommt eine Instrumentalgruppe mit Geige, Querflöte, Gitarre,
Akkordeon und sogar einer Harfe. Die Stimmung, welche damit in die Pörnbacher
Pfarrkirche gezaubert wird, bewundere ich jedes Jahr aufs Neue.
Zu Ehren unseres nigerianischen Pfarrers
Amos hat man heuer ein Lied in seiner Landessprache Tiv einstudiert.
Wer das Adventskonzert einmal selber
erleben möchte, ist herzlich eingeladen:
„Heimat ohne Grenzen –
Gedanken zum Advent in Wort und Musik“
Sonntag, 15.12.2024, 16.00
Uhr
Pfarrkirche St.
Johannes Baptist, Kirchplatz 6, 85309 Pörnbach
Ich muss mich oft tagelang überwinden,
um mir Fotos oder Videos meiner Auftritte anzusehen, die
mir wohlmeinende Leute öfters zuschicken. Meistens sehe ich darauf die ganzen
Dinge, die ich hätte besser machen sollen. Nun gut – ein heilsames Feedback!
Noch schlimmer finde ich es, dass die
meisten, welche solche Bilddokumente herstellen, wenig Ahnung
davon haben, wie man das gut und interessant hinbekommt. Das gilt ebenso, wenn
der Chef der Musikgruppe extra einen „Videofilmer“ bestellt (wovon man
bis kurz vor dem Konzert meist keine Ahnung hat).
Die künstlerische Fertigkeit solcher Kameraschwenker
erschöpft sich meist darin, mich so unvorteilhaft wie möglich abzulichten
– also dann auf den Knopf zu drücken, wenn ich gerade möglichst blöd schaue,
schief und krumm dastehe oder mir der halbe Kopf fehlt. Oder die Kamera bleibt
eine Minute auf die Lieblingsmusikerin fokussiert, während ich nebenan unter
Ausschluss der Öffentlichkeit moderiere oder zaubere.
Gut, wenigstens kriege ich hinterher die
Ergebnisse zu sehen und könnte Einspruch erheben. Aber man will die
Kollegen ja nicht einschränken und nimmt es hin, dass suboptimales Zeug
noch jahrelang im Netz kursiert.
Neulich bei einem Konzert erlebte
ich die nächste Stufe des Wahnsinns:
Während man früher meist vor Beginn gefragt
wurde, ob man denn fotografieren dürfe, scheint es inzwischen üblich zu sein,
dass zahlreiche Zuschauer mit hoch erhobenen Smartphones ganze Passagen knipsen
oder auf Video festhalten.
Als Zauberer weiß ich, dass manche
Zeitgenossen nachher per Einzelbildschaltung das Geheimnis lüften wollen
– und dabei durchaus erfolgreich sein können. Daher achten wir bei der
Veröffentlichung meiner Zaubervideos darauf, dass sie „wasserdicht“
sind. Doch wie soll ich es überprüfen, falls ich das Zeug (wenn überhaupt) erst
sehe, wenn es zu spät ist?
Bei besagtem Termin kam erschwerend
hinzu, dass ich gesundheitlichangeschlagen und durch andere
Belastungen ziemlich erschöpft war. Die 30 Grad Raumtemperatur machten
es nicht besser. Ich wurstelte mich zwar mit viel Routine halbwegs durch das
Programm, und wir bekamen viel Lob und Applaus.
Dennoch macht es mich verrückt, wenn ich
daran denke, dass nun Bilder existieren, wo ich sehr wahrscheinlich blass,
abgekämpft sowie verschwitzt agiere und dastehe wie ein Schluck Wasser in der
Kurve – also ungefähr das Gegenteil von dem, was man auf der Bühne
darstellen möchte.
Und weiß einer von uns ganz sicher, wo
solche Aufnahmen im heutigen Internet landen? Das Urheberrecht
ist die eine Seite – durchsetzen lässt es sich oft nicht.
Klar, unser Fehler war, dass wir
im Vorfeld nicht deutlich darauf hingewiesen hatten, Kameras und Smartphones sollten
gefälligst in der Tasche bleiben. Möglichst noch ausgeschaltet. Ich
werde das bei künftigen Auftritten zur Bedingung machen – auch, wenn das
manchen nicht gefallen sollte. Im Zweifel haben sie dann freien Austritt
und kriegen ihr Eintrittsgeld zurück.
Ich frage mich nur, in welchen Zeiten wir
inzwischen gelandet sind. Ich habe in meinem ganzen Leben noch nie eine Person
fotografiert, ohne sie vorher um Erlaubnis zu fragen. Schon gar nicht
habe ich je Bilder ohne Genehmigung ins Netz gestellt. Und für die
Herstellung eines Smartphone-Videos bin ich eh zu dämlich. Anderen scheint
der Besitz eines technischen Geräts den Charakter zu ersetzen.
Wenn ich ein Konzert oder eine andere
Aufführung besuche, brauche ich zur Abspeicherung keine elektronischen
Schaltkreise. Wenn es schlecht war, freuen sich meine Satire-Synapsen –
und im anderen Fall ist in meinem Herzen viel Platz. Das Gefühl, welches
sich einstellte, kann ich noch nach Jahren reproduzieren.
Ob Vidioten das nach dieser Zeit
noch in ihrem Handyspeicher haben, weiß ich nicht. Ich bin nur sicher: Nützen
wird es ihnen nichts. Weil ihnen jedes Gespür für richtige Kunst fehlt.
Und sie Bildung mit Abbildung verwechseln.
Manchmal sind das genau die Leute, die
sich lauthals über vom Smartphone besessene Jugendliche beklagen…
Recht freundlich werde ich in solchen Fällen zukünftig nicht
sein!
„Was
macht die Kunst?“ „Prinz, die Kunst geht nach Brot.“ (Lessing: Emilia Galotti)
Um es gleich vorweg zu sagen: Mir könnten die Gagen
für meine Auftritte als Moderator und/oder Zauberer eigentlich völlig egal
sein. Ich brauche sie bestimmt nicht zum Leben. Daher spende ich sie ohnehin meiner
Lieblings-Organisation, der Deutschen Welthungerhilfe.
Ich bin allerdings schon dafür, dass wir nicht „für lau“
oder zu einem besseren Taschengeld arbeiten. Einfach, weil sonst der Respekt
für Kunst – und auch Künstler – verlorengeht. Eine
Vorstellung oder ein Konzert bedeuten für jeden von uns einen erheblichen Arbeitsaufwand:
Allein für das Schreiben oder Überarbeiten meiner Moderationen, die
Programmplanung und Vorbereitung, das Einpacken der Requisiten sind mindestens
5 Stunden nötig, dazu kommen Anfahrt, Auf- und Abbau vor Ort und der Auftritt
selber mit durchschnittlich weiteren 5 Stunden. Natürlich auch die Fahrkosten,
Parkgebühren etc.
Wenn man dann hinterher eine Gage von 50 Euro
erhält, sind das 5 Euro pro Stunde – und das liegt weit unter dem derzeitigen Mindestlohn
von 12,41 Euro. Für das Geld würde kein Arbeitsloser eine Stelle annehmen.
Eigentlich müsste man Gigs zu solchen Bedingungen ablehnen.
Aber in vielen Fällen ist das nicht meine alleinige Entscheidung – und sicherlich
lockt auch der Wunsch, sich wieder einmal „ausprobieren“ zu können. Vor allem,
wenn Anlass und Ambiente verlockend klingen. Und so lässt man sich nicht selten
auf Vorstellungen ein, die wirtschaftlich eine Katastrophe sind.
Unterm Strich muss man manchmal froh sein, nicht noch Geld mitbringen zu müssen!
Nach meinen Erfahrungen führt das bei Gastgebern überhaupt
nicht dazu, die finanzielle Zumutung nun etwa durch einen erhöhten Service
auszugleichen. Öfters ist das Gegenteil der Fall. Es scheint die
Einsicht vorzuherrschen: Was kaum etwas kostet, kann auch nicht viel wert sein.
Die organisatorischen Umstände interessieren eher wenig. Unter welch
abenteuerlichen Bedingungen ich beispielsweise schon oft meine Requisiten herrichten
musste, ist kaum auszudenken. Begriffe wie „Garderobe“ sind für manche
Gastgeber ein Fremdwort.
Dazu kommen nicht selten Stillosigkeiten der
besonderen Art: Obwohl die Veranstaltung schon wochenlang vorher abgesprochen
war, fragt der Organisator gerne zwei Minuten vor dem Beginn. „Und wie soll
ich Sie jetzt ansagen?“ Mir liegt da auf der Zunge: „Am besten gar
nicht!“ Manchmal wird diese Frage sogar vor dem Publikum gestellt: „Wie
nennt sich Ihre Gruppe?“ Die Botschaft: „Ist doch wurscht, euch merkt
sich eh keiner!“
Auch die Einsicht, dass es sich bei unseren Konzerten nicht
um „Hintergrundmusik“ handelt, ist nicht allgemein verbreitet. Nicht mal
im Tango. Da wird fröhlich weitergeschwafelt – selbst beim Tanzen.
Wie das Publikum den Geldwert eines längeren
Programms einstuft, erfährt man, wenn „für den Hut“ gespielt wird. Was die
Besucher durchschnittlich „spenden“, liegt pro Person nicht viel über 5 Euro.
Für das Geld kämen sie nicht einmal in eine Kinovorführung, von den
üblichen Konzertkarten ganz zu schweigen, für die man meist nicht unter
30 Euro löhnen muss – Grenze nach oben offen.
Die Besitzer von Veranstaltungsorten langen da ganz anders
zu: Für einen Saal mit 200 Plätzen sind 300 Euro Miete pro Abend eher
günstig. Gelegentlich darf man zusätzlich für die „Saalreinigung" Kohle berappen. Will man den auf der Bühne stehenden Flügel nutzen, kostet das
weitere 150 Euro. Das Geld muss dann erstmal reinkommen, wenn man
überhaupt an eine Gage denken will! Daher ergibt sich die absurde Situation,
dass wir manchmal ein eigenes E-Piano nutzen, welches dann neben dem zu teuren
Steinway steht…
Ich weiß, dieser Artikel wird nicht viele Leser erreichen,
da er keine gute Laune macht und sich viele betroffen fühlen
könnten. Aber vielleicht denken einige bei der nächsten Livemusik auf einer
Milonga oder dem nächsten Konzert doch darüber nach, was eigentlich den Künstlern zustünde.
Sie haben ja viele Jahre Unterricht genommen, geübt und sich gewissenhaft auf
ihre Darbietung vorbereitet. Das verdient nicht nur Applaus, sondern
auch eine finanzielle Vergütung, für die man sich nicht schämen
muss.
Fußballprofi müsste man sein! Dann
ginge in der 1. Bundesliga unter 400000 Euro pro Jahr nichts. Jeder Kicker
kassiert also täglich mindestens 1100 Euro – ob er spielt oder nicht.
„Ist das Kunst oder kann das weg?“
lautet ein Buchtitel von Christian Saehrendt.
Die Redewendung stellt die Erkennbarkeit und Wertschätzung mancher moderner
Kunstwerke in Frage. Wenn man aber untersucht, mit welchen Gagen und
Auftrittsbedingungen viele Künstler konfrontiert sind, lautet dieser Satz besser:
„Das ist Kunst, kann also weg!“
P.S. Vielleicht sollte man öfters einen Eklat wagen
wie beim Festakt „100 Jahre Burgenland“, als der Musiker Alexander
Köck eine unerwartete Rede hielt:
„Ich
möchte mich bei allen bedanken, aber ich möchte trotzdem etwas sagen. Ich habe
mitbekommen, dass die Damen und Herren da drüben im Orchester heute 30 Euro
fürs Spielen bekommen. Ich finde das in einem Kulturland Burgenland, bei ‚100
Jahre Burgenland' in einem sozialdemokratischen Land, beschämend, ich finde es
besonders beschämend nach Corona, und noch beschämender finde ich es, wenn man
weiß, dass während Corona genug Geld dafür da ist, dass es zwei Intendanten bei
den Seefestspielen Mörbisch gibt."
Das provozierte den ORF-Moderator und Intendanten der
Seefestspiele Mörbisch, Alfons Haider, zu einer Entgegnung, bei der er
unter anderem darauf hinwies, die jungen Musiker seien schließlich noch keine Profis,
sondern Musikstudentinnen und Studenten. Zudem erhielten sie Fahrkosten
plus Verpflegung.