Die
gab es tatsächlich gestern auf der Gartenschau
in Pfaffenhofen – der dortige Veranstalter hatte schon vor längerer Zeit
angefragt. Was mich eigentlich wunderte: In unserer Kreisstadt gelten Künstler
bei den „offiziellen“ Stellen in der Regel nur etwas, wenn sie aus dieser (oder
von weither mit entsprechenden Renommee) kommen. Na, umso erfreulicher, dass
man auch mal eine Truppe aus Pörnbach engagiert!
Ein
ganz schönes Podium, mit Zeltdach überspannt – leider kein Regenschutz für die Zuschauer, was angesichts der
durchwachsenen Wettervorhersagen bedenklich stimmte. Wer würde kommen, wenn es
in Strömen goss? Weiterhin die üblichen Probleme von Open-Air-Veranstaltungen: weite Transportwege für die Requisiten,
Mini-Garderobenraum, Seiteneinsicht, Akustik – jede Menge Arbeit also.
Immerhin
hatte ich das Glück, als Begleitung die beiden Musikerinnen des „Duo Tango Varieté“ verpflichten zu
können. Wenn Bettina Kollmannsberger
(Akkordeon) und Karin Law Robinson-Riedl
(Violine, Gesang) für die Live-Musik sorgen, ist dies ein wunderbarer Rückgriff
in alte Zeiten von Zirkus und Varieté,
wo ebenfalls noch echte Musiker die Künstler auf der Bühne unterstützten. Und da meine Frau
meine Routinen genau kennt, kann sie halt eine Wiederholung mehr einschieben,
wenn der Magier mal wieder zu lange braucht…
Aber
auch hier gab es Probleme, da Bettina wegen einer Fußverletzung mit dicker
Schiene aufs Podium humpelte. Sie meinte allerdings, sie hätte es absolut
nicht ausgehalten, nicht dabei zu sein. Glücklicherweise ging alles
gut – ganz herzlichen Dank!
Aber
auch unsere anderen Sorgen lösten
sich in Luft auf: Nachdem es morgens noch geregnet hatte, blieb es ab Mittag
trocken – die ersten neuen Tropfen fielen erst Minuten nach Abschluss des
letzten Auftritts! Zudem war das beteiligte Personal wirklich sehr hilfreich
und kompetent, und der Tontechniker (Maximilian Adam aus Augsburg) lieferte uns
(auch nicht selbstverständlich) den perfekten Sound.
Wieder
einmal machte ich allerdings die Erfahrung, dass diejenigen, welche einen besonders laut loben (und teilweise
auch schon Gratisvorstellungen bekamen), sich nicht unbedingt bei solchen
öffentlichen Auftritten sehen lassen – oder sogar absagen, weil sie inzwischen
offenbar etwas Besseres fanden. Andere hingegen, mit welchen man nie gerechnet
hätte, beehren einen mit ihrer Anwesenheit: ausgleichende Gerechtigkeit!
Insgesamt
konnten wir uns über mangelndes Interesse wahrlich nicht beklagen – im
Gegenteil: Zu ersten Vorstellung kamen zirka 70 Zuschauer, zur zweiten sogar
mehr als 130, und das bei eher durchwachsenem Wetter!
Ich
hatte meine Programme bewusst auf Optik, Poesie und geistreiche Moderation angelegt:
viele Blumen- und Tüchereffekte, die „Odd Ropes“ mit dem wunderbaren Text von Marvelli, de Covas „Ropemare“, und Punx
war mit den beiden Märchen vom „Chinesischen Kompass" und den „Vier Wünschen“
vertreten. Übrigens bin ich ja mit dem Begriff „Meister“ (ob in der Magie oder
beim Tango) sehr vorsichtig – aber Ludwig
Hanemann war einer: Wie oft schon habe ich erlebt, wie seine poesievollen
Texte auch heute noch beim Publikum ankommen, es in eine „zauberhafte Stimmung“
versetzen.
Zaubern liegt derzeit
nicht im Trend:
In drei Monaten Gartenschau mit täglich wechselnden Programm ist kein weiterer
Kollege präsent. Warum ist das so? Sicherlich fehlen derzeit große
internationale Vorbilder wie dereinst Siegfried
und Roy oder David Copperfield.
Marvelli war der letzte deutsche Magier, der Ende der 70-er Jahre abendfüllende
Shows im deutschen Fernsehen zeigen durfte. Für mich das Ergebnis einer
unheiligen Allianz zwischen den Veranstaltern
und Vertretern der deutschen Zauberszene:
Erstere kriegen das Klischee von Zylinder und Kaninchen nicht aus dem Kopf, und Letztere bemühen sich oft nach Kräften, stilvolle, intelligente Unterhaltung durch
geistlose Comedy auf Jahrmarktniveau zu ersetzen.
Ich
habe gestern, obwohl ich für ein „Kinderprogramm“
verpflichtet wurde, auf Bommelhut, Clownsnase und Comicfiguren sowie „Eiapopeia-Texte“
verzichtet. Es hat nicht geschadet. Man soll das Publikum (auch und gerade das
junge) nicht für blöder halten als es ist!
Beim
tausendsten Auftritt gehen die Gedanken zurück: Anfang 1986 beschloss ich, mich über das Level von kleinen Programmen für
den Familien- und Freundeskreis hinauszuwagen: Ich schaltete Anzeigen in
diversen Reklameblättchen, und schon kurz darauf erhielt ich den ersten Anruf:
Ob ich für eine „kleine Gesellschaft“ von zirka 25 Personen zaubern könne?
Natürlich sagte ich zu – und bei der Nennung der Adresse bekam ich weiche Knie:
ein leibhaftiger Baron auf einem
richtigen Schloss (so mit
Wassergraben, Zugbrücke und Bediensteten)! Es grenzte schon an Tollkühnheit,
als wir dort mit einem Teewägelchen sowie einem schwarzen Pappkoffer nebst Cassettenrecorder
aufschlugen und einer hochedlen Gästeschar zwischen Hauptgericht und Dessert
unser Programm zeigten. Aber anscheinend kam es an – wir erhielten ein
Mehrfaches des vereinbarten Honorars und wurden noch weitere Male eingeladen!
Die
nachfolgenden 999 Auftritte waren nicht immer so stilvoll im Ambiente: Man ist
ja „Einzelkämpfer“ und muss immer
wieder erleben, dass selbst professionelle Organisatoren wenig Ahnung von dem
haben, was sie machen – und schon gar nicht „for just another magician“,
welcher beim „fahrenden Volk“ noch unter dem Image von Bauchtänzerinnen und
Feuerschluckern rangiert. Oft genug hatten wir den Eindruck, dass wir „trotz
allem“ noch halbwegs gut ankamen.
In
diesem Zusammenhang muss ich an den großen Kollegen Ken Brooke denken: Er wurde einmal gefragt, warum er bei seiner „Flaschenwanderung“
(die ich heute noch nach seinen Ideen vorführe) nicht ein echtes Getränk
verwende. Seine Antwort: Bei den üblichen Auftritten habe er nicht einmal eine
Garderobe und sei froh, wenn ihm Kellner oder Gäste nur die leeren Behältnisse
umwarfen!
Foto: www.tangofish.de |
Zur
wichtigsten Person meines Zaubererlebens: Ohne meine Frau Karin, die mir bei den meisten der tausend Auftritte
assistierte, hätte ich das alles nicht geschafft: Es geht ja nicht nur um Fahrdienste,
das Schleppen der Requisiten durch Tiefschnee oder über enge Wendeltreppen und
die Einspielung der Musik. Bei jeder Vorstellung betrieb sie stundenlange „Schadensbegrenzung“
durch Pflege der „empfindsamen Künstlerseele“, Vertuschen meiner Fehler und
Pannen, Diskussionen mit desorientierten Gastgebern und Debatten mit „Kampfeltern“,
die nicht einsahen, dass sie mit ihrem plärrenden Kleinkind die Vorstellung
verlassen sollten… Über diese Geschichten könnte man ein eigenes Buch schreiben!
Als
Epilog meines tausendsten Auftritts sang meine Frau gestern (als Überraschung
für mich) den Edith Piaf-Klassiker „No,
je ne regrette rien“: Nein, ich bedaure wirklich nichts – und schon gar
nicht das, was sie zu meinem Erfolg beigetragen hat!
Foto: Ingrid Besserer |
„Meine Damen und Herren,
was ich Ihnen nun noch zeigen werde, habe ich schon vor über 30 Jahren
einstudiert, als ich noch ausschließlich vor der Familie und Freunden zauberte:
das Chinesische Ringspiel. Bei einem meiner ersten Auftritte an der Schule, wo
ich arbeitete, war ich ziemlich nervös: Ein sehr erfahrener und preisgekrönter
Zauberkollege hatte sich angesagt. Nachher meinte er zu mir, mein Programm sei
ja ganz schön gewesen – bis auf den Schluss: Warum ich ‚diese ausgeleierten
Ringe‘ vorführen würde? Das mache doch fast jeder, und ich solle mir lieber
eigene Effekte ausdenken anstatt nur große Vorbilder abzukupfern.
Ich gestehe, das mich
diese Kritik in eine schwere Krise stürzte: War ich überhaupt ‚authentisch‘,
wenn ich Vorführweisen von Kollegen übernahm, welche mich schwer beeindruckten?
Letztlich hörte ich
dann aber doch auf mein Gefühl: Irgendwie wusste ich, dass diese Ringe zu mir
passten – und ich auch vielleicht ein bisschen zu ihnen.
Mehr als zehn Jahre
später zeigte ich am gleichen Ort wieder ein Programm – natürlich mit dem
Ringspiel als Höhepunkt. Der berühmte Kollege von damals war erneut anwesend,
ja, er übernahm sogar die Beleuchtung meines Auftritts. Nachher kam er zu mir
und rief: ‚Hast du gesehen, wie die Ringe im blauen Licht glänzten? Einfach
magisch!‘
Ich habe damals etwas
gelernt, was weit über die Zauberei hinausgeht: Dass man zu sich und seinen
eigenen Gefühlen stehen muss – und nicht zu dem, was andere Leute glauben, dass
man fühlen müsse. Ich habe diese ‚ausgeleierten Ringe‘ bislang über 700 Mal
gezeigt – und so auch heute zu meiner tausendsten Vorstellung!“
P.S. Heute gab es in der Pfaffenhofener Presse einen ausführlichen Bericht über das gestrige "Märchen- und Magiewochenende" auf der Gartenschau. Von meinen Auftritten natürlich kein Wort, aber das Gegenteil hätte mich wirlich überrascht! Dennoch geht mein Honorar, so wie das aller Vorstellungen bisher, als Spende an die Deutsche Welthungerhilfe. Und man soll ja eher im Stillen Gutes tun...
Da ich Herrn Riedl schon von Auftritten bei den Senioren im Aichacher Pfarrzentrum und bei meinem Geburtstag kenne, habe ich mich sehr gefreut über die Möglichkeit, in Pfaffenhofen wieder in den Genuss seines Könnens zu kommen. Und es war wie immer: Spannend, verblüffend und kein 'Spaß', sondern echte Freude, die in Erinnerung bleibt. Dazu kam diesmal noch die wunderbare Musik des Duo Tango Varieté. Ganz besonders schön war es für mich, bei der 1000sten Vorstellung dabei sein zu dürfen. Ingrid Besserer
AntwortenLöschenLiebe Frau Besserer,
LöschenIhre Teilnahme hat uns sehr gefreut! Und ebenso freuen wir uns schon darauf, demnächst wieder einmal bei Ihnen auftreten zu dürfen.
Herzliche Grüße, auch von den Musikerinnen
Ihr Gerhard Riedl