Montag, 15. November 2021

Meine magischen Gedanken 9

Als ich vor gut 35 Jahren mit der Zauberei anfing, lag es nicht in meiner Absicht, in diesem Metier als „Einzelkämpfer“ zu agieren – im Gegenteil: Natürlich hatte ich schon vom „Magischen Zirkel von Deutschland“ gehört, der größten und ältesten Zaubervereinigung hierzulande. Ich hatte mächtigen Respekt vor den erfahrenen Künstlern und war begierig darauf, etwas von ihnen zu lernen. Obwohl ich eher nicht zur „Vereinsmeierei“ neige, hätte ich mir damals gut vorstellen können, mich um eine Aufnahme in den „Zirkel“ zu bewerben.

Immerhin war einer meiner Berufskollegen dort sehr rührig – und auch vom heftig bewunderten Zauberhändler Eckhard Böttcher wusste ich, dass er einen Ortszirkel leitete.

Über solche persönlichen Kontakte kam ich bald in Berührung mit diversen Künstlern – und als ich einige Jahre später einen lokalen Zauberwettbewerb gewann, war der erste Preis die Teilnahme an einem österreichischen Magierkongress. Genügend Gelegenheit also, Leute aus der Szene kennenzulernen.

Leider wurde mit jedem Treffen mein Wunsch, mich einer magischen Vereinigung anzuschließen, ein Stück kleiner. In den meisten Fällen ging es schlicht um neue Zaubertricks – und so lange man da etwas zu bieten hatte, war man ein durchaus gefragter Gesprächspartner. Weitergehende Diskussionen über künstlerische Aspekte dagegen waren uninteressant: „Den Trick kenn ich schon!“

Selbst zu einem wirklichen Austausch von Ideen und Fertigkeiten kam es nur selten. Die meisten Kollegen, die ich kennenlernte, sprachen am liebsten von sich, den tollen Erfolgen, die sie bereits erzielt hatten und den Wahnsinns-Projekten, an denen sie gerade arbeiteten. Gerne brüstete man sich auch damit, welch illustre Persönlichkeiten aus der Szene man kenne. Deren Wort war Gesetz – und auch generell herrschte in der Zauberwelt eine klare Hierarchie. Als Anfänger kam man kaum zu Wort – man konnte ja noch gar nichts Substanzielles beizutragen haben…

Zudem stellte ich fest, dass die klugen Ratschläge, mit denen ich bedacht wurde, meinen eigenen Auftritts-Erfahrungen deutlich widersprachen. Heute ist mir der Grund klar: Viele Zauberer sehen ihre Darbietungen aus Kollegen-Sicht: Diese zu täuschen gilt als größter Erfolg. Effekte dagegen, die man szeneintern kennt, werden chronisch unterschätzt, obwohl sie beim Laienpublikum oft bestens ankommen.

Mit wenigen Ausnahmen erschien mir die Zauberer-Welt als hermetisch abgeschlossene Gemeinschaft, in der man sich selber genügte. Bestenfalls hatte man eine Chance als sehr junges Talent, das sich noch perfekt steuern ließ und mit dem man irgendwelche Wettbewerbs-Nummern entwickeln konnte, welche zwar die Kollegen beeindruckten, im täglichen Auftritts-Geschäft aber oft unbrauchbar waren.

Statt mir weiterhin kluge Reden anzuhören, las ich lieber gute Zauberbücher (die gibt es tatsächlich) und besorgte mir Requisiten – wobei ich mit der Zeit kapierte, dass man sie nicht sklavisch nach den Anleitungen der Zauberhändler vorführen muss. Ansonsten muss man halt viel üben technisch und an der Darstellung.

Vor allem aber wurde mir klar, dass es eine einzige Richtschnur gibt, an der man sich bestens orientieren kann: den normalen Zuschauer. Meine Frau und ich haben nach einem Auftritt oft stundenlang über das Feedback diskutiert, welches uns das Laienpublikum lieferte. Das war und ist der wichtigste Faktor für die künstlerische Weiterentwicklung!

Um die Empörung über meine „Nestbeschmutzung“ etwas zu dämpfen: Das sind halt meine persönlichen Erfahrungen – wenn jemand andere gemacht hat: umso besser! Meine Erlebnisse mit der „magischen Zunft“ sind meist 15 und mehr Jahre alt. Was ich aber seither gelegentlich am Rande mitbekomme, macht mich nicht hoffnungsvoller…

Trotzdem viel Freude mit meinem Video und einigen unglaublichen Geschichten hinter den Kulissen! 

P.S. Zum Weiterlesen:

https://diemagiedesgr.blogspot.com/2021/04/zaubern-ist-auch-nur-tango.html

https://diemagiedesgr.blogspot.com/2015/03/die-lieben-kollegen.html

Sonntag, 7. November 2021

Unser neues Kurkonzert

 

Liebe Freunde von Musik und Magie,

demnächst dürfen wir wieder einmal in Bad Gögging auftreten.

Als Thema haben wir uns ein Genre ausgesucht, das heute als völlig unmodern gilt – und dessen Melodien dennoch absolute Evergreens sind: die Operette.

Der historische Bogen reicht von „Eine Nacht in Venedig“ (1883) über „Maske in Blau“ (1937) bis zum Singspiel „Das Feuerwerk“ (1950).

Obwohl oft totgesagt, füllen Werke wie „Der Vogelhändler“, „Frau Luna“ oder „Schwarzwaldmädel“ immer noch die Spielpläne der Theater – die Melodien sind einfach viel zu schön, um nur in den Archiven der Musikgeschichte zu ruhen.

Freuen Sie sich auf Titel wie „Erklingen zum Tanze die Geigen“, „O mein Papa“, „Frühling in San Remo“ und „Schlösser, die im Monde liegen“!   

Es spielt das „Hallertauer Salontrio“ in der Besetzung

Hartwig Simon (Fagott)

Bettina Kollmannsberger (Akkordeon, Gesang)

Karin Law Robinson-Riedl (Violine, Gesang)

Wie immer darf ich das Programm moderieren und dazu ein wenig zaubern.

Samstag, 13. November 2021

14.30 Uhr – 15.30 Uhr

Kursaal im Kurhaus

Am Brunnenforum 3

93333 Bad Gögging

(Parken kann man in der Tiefgarage der Limes-Therme in der Kaiser Augustus-Straße, von dort geht es unterirdisch zum Kurhaus.)

Der Eintritt ist frei. Welche aktuellen Corona-Bedingungen gelten, entnehmt ihr bitte der Website der Tourist-Information:

https://www.bad-goegging.de/Media/Veranstaltungen-Feste-in-Bad-Goegging#/eventDate/98ad641a-e2b0-472d-808a-329aa72e606c

Wir freuen uns auf euren Besuch!

Herzliche Grüße

Gerhard

Dienstag, 2. November 2021

Meine magischen Gedanken 8

 

O hochverehrtes Publikum,

sag mal: bist du wirklich so dumm,

wie uns das an allen Tagen

alle Unternehmer sagen?

Jeder Direktor mit dickem Popo

spricht: »Das Publikum will es so!«

Jeder Filmfritze sagt: »Was soll ich machen?

Das Publikum wünscht diese zuckrigen Sachen!«

Jeder Verleger zuckt die Achseln und spricht:

»Gute Bücher gehn eben nicht!«

Sag mal, verehrtes Publikum:

bist du wirklich so dumm?

(Kurt Tucholsky: „An das Publikum“, 1931)

 

Es gibt wohl keinen Künstler, der nicht schon einmal am Publikum verzweifelt wäre. Selber habe ich oft genug erlebt, dass Vorstellungen wenig ankamen, von denen ich mir viel versprochen hatte. Glücklicherweise kam es ebenso häufig auch umgekehrt: Auftritte, vor denen ich große Befürchtungen hatte, entpuppten sich als voller Erfolg.

Bis heute bleibt mir nur die Erkenntnis: Wie ein Programm laufen wird, kann man nie sicher vorhersagen. Genau dies ist aber auch der spannende Anreiz, es immer wieder vor den Zuschauern auszuprobieren.

Wir neigen in vieler Hinsicht dazu, stets einen Schuldigen zu suchen, wenn etwas schiefgeht. In Wahrheit muss das aber nicht so sein: Das Schicksal bestimmt halt, dass es in einer bestimmten Kombination nicht passt – nicht mehr und nicht weniger.

Diese Erkenntnis könnte dabei helfen, dass wir in solchen Situationen ruhig und gelassen bleiben – auf der Bühne wie im richtigen Leben. Mit verkrampften Reaktionen macht man es nur schlimmer.

Jedenfalls ist das Publikum nicht dazu verpflichtet, besonders  schlau zu sein oder gar eine Vorstellung zu bejubeln.  Allerdings habe ich immer wieder festgestellt, dass es bei weitem  nicht so dumm ist, wie gerade Kulturfunktionäre meinen. Da hat Tucholsky sicher Recht. Daher habe ich nie versucht, „Niveau-Limbo“ zu betreiben: Zuschauer und Künstler müssen einander so akzeptieren, wie sie sind. Es bleibt stets ein Abenteuer.

Hier mein Video dazu:

https://www.youtube.com/watch?v=B6mkCoow6YY

Montag, 11. Oktober 2021

Meine magischen Gedanken 7

 

Pleiten, Pech und Pannen

Mein neues Video behandelt ein Thema, über das Zauberer meist schweigen: Was tun, wenn ein Trick danebengeht?

Tatsächlich gilt auch in der magischen Kunst „Murphys Gesetz“: Alles, was schief gehen kann, wird auch schiefgehen.

Die Möglichkeiten sind vielfältig: Manchmal sieht man sich Vorführbedingungen ausgesetzt, welche Pannen geradezu erzwingen. Man kann im Vorfeld versuchen, diese auszuschließen, indem man auf geeignete Arrangements besteht. Öfters ist es aber vor Ort dann doch anders. Dagegen kann man wenig tun – obwohl die Zuschauer dafür natürlich den Künstler verantwortlich machen.

Oft genug ist man an Patzern auch selber schuld. Hat man dann zu wenig geübt? Ich muss gestehen, kein „Trainingsfanatiker“ zu sein. Dennoch meine ich: Meist liegt es daran nicht. Zauberei hängt halt – im Gegensatz zu anderen Künsten – von einer riesigen Zahl von Faktoren ab.

Wenn dann von den über hundert Einzelteilen, die man zu einem Auftritt braucht, eines „herumzickt“, kann das eine ganze Routine zu Fall bringen. Oder ein Zuschauer, der sich im unpassendsten Moment einmischt, die Musikanlage, welche plötzlich den vorgesehenen Titel nicht abspielen will – oder der Wind, welcher unerwartet Tücher vom Tisch weht.

Wie soll man mit alledem umgehen? Ich plädiere für Gelassenheit: Eine seelenlose Perfektion wird nicht verlangt und von mir auch nicht versprochen. Und manche Pannen haben sogar Unterhaltungswert.

Im Video schildere ich herrliche Geschichten, die zumindest im Rückblick äußerst amüsant sind – und auch Rezepte, wie man sich nicht aus der Bahn werfen lässt:

https://youtu.be/Wxlck_ec2so 

P.S. Uns ist durchaus aufgefallen, dass der Sonnenstand für eine originelle Beleuchtung unseres Wintergartens gesorgt hat. Wir haben uns aber entschlossen, das Video nicht nochmal zu drehen, sondern den ersten Take (wie immer ungeschnitten) zu verwenden. Die spontanen Reaktionen meiner beiden Zuschauerinnen wären nicht wiederholbar gewesen!