Montag, 28. März 2022

Meine magischen Gedanken 11

 

In diesem Video geht es mir um ein Thema, das nach meiner Ansicht in der Zauberei zu stark vernachlässigt wird: die Texte.

Leider wird es immer mehr Mode, magische Effekte in lautem Musikgedröhne ersaufen zu lassen oder halt beim Zaubern irgendwas zu sagen, das einem spontan einfällt. Dabei kommen meist Vorträge heraus, die lediglich das beschreiben, was man ohnehin sieht.

Dabei hätten wir mit der Geschichte, die wir erzählen, ein wunderbares Mittel, von technischen Erklärungen wegzukommen, indem wir den Requisiten eine Bedeutung verleihen.

Wahrscheinlich hätte ich nicht ernsthaft mit der Zauberkunst begonnen, wenn mich nicht die Texte von Magiern wie Punx, Marvelli oder auch Eckhard Böttcher fasziniert hätten. Später erfuhr ich dann, dass es Zauberkünstlern wie Jean Eugène Robert-Houdin und Johann Hofzinser zu verdanken ist, dass unsere Kunst im 19. Jahrhundert den Wechsel von den Jahrmärkten in die feinen Salons schaffte. Das Mittel hierzu waren intellektuelle, feingeistige Vorträge.

Ich fürchte, heute sind wir in der Zauberei dabei, diesen Vorsprung wieder aufzugeben. Sicherlich gibt es weiterhin Meister des Wortes wie Martin von Barabü oder Dr. Harry Keaton. Die Mehrheit in unserer Szene stellten solche Leute aber nie. Umso wichtiger, immer wieder auf diese Vorbilder hinzuweisen!

Jetzt aber viel Freude mit meinem Video! Den „Piano-Trick“, den ich abschließend zeige, habe ich auf diesem Blog bereits besprochen:

https://diemagiedesgr.blogspot.com/2020/03/zaubern-zu-corona-zeiten-1.html

https://www.youtube.com/watch?v=C_GQlB4dJgo

Donnerstag, 3. März 2022

Ropemare

 

Ich weiß noch genau, wie ich diese wunderbare Seilroutine kennenlernte: Vor vielen Jahren waren wir in Stuttgart zu einer Tankstellen-Eröffnung engagiert – mit mehreren Auftritten am Samstag und Sonntag. Für den freien Samstagabend hatten wir Karten für das Friedrichsbau-Varieté gebucht – dort sollte auch ein Zauberkünstler auftreten.

Der nannte sich Alexander de Cova – und ich war hingerissen von seiner Persönlichkeit, dem Moderationsstil und vor allem einem Seilkunststück mit völlig skurrilen Ideen. Nachher diskutierten meine Frau und ich im Hotel noch lange über allerlei komplizierte Lösungen. Wie teuflisch einfach die Idee war, erfuhr ich erst einige Zeit später, als de Cova ein Lehrvideo zu dieser Routine herausbrachte, welche er „Ropemare“ nannte.

Ich hatte das Ganze in Rekordzeit einstudiert und probierte es bei meinen Auftritten aus. Das Kunststück hatte die erwartete starke Wirkung, so dass ich es bislang an die 400 Mal zeigte.

Einige Jahre später verwendete ich den Effekt in einem meiner Zauberkurse für einige meiner fortgeschrittenen Teilnehmer. Dabei zeigte ich auch das Video von Alexander de Cova. Was mich damals sehr erstaunte: Meine Vorführweise wich inzwischen deutlich vom Original ab! Im Lauf der Zeit arbeitete ich noch eine Tour von Jeff Sheridan aus seinem Seminarheft „Swan Lake Rope“ ein. Das „Zauberbuch“ für das Intro habe ich später bei Eckhard Böttcher erstanden.

Ich schildere das Ganze so ausführlich, weil man sich in der Zauberbranche sehr schnell den Vorwurf des „Kopierens“ einhandelt. In manchen Zauberbüchern steht sogar geschrieben, eine „professionelle Verwertung“ bedürfe der Genehmigung des Autors.

Ich halte das für ausgemachten Blödsinn. Wer nicht will, dass man ihn kopiert, soll keine Bücher oder Lehrvideos herausgeben. Die Zauberkunst hat stets davon profitiert, dass gute Ideen sich verbreiteten und weiterentwickeln. Natürlich muss man an einer eigenständigen Persönlichkeit arbeiten. Dann werden die Kunststücke mit der Zeit auch ein spezielles Gepräge erhalten. Aber selbstverständlich wird der Anfänger erstmal versuchen, Dinge nachzumachen, die ihm gefallen. Was denn sonst?

Insidern muss ich das verwendete Prinzip nicht erklären. Ich halte es bei der Seilzauberei für absolut genial und vielseitig anwendbar. Und man hängt nicht von irgendwelchen technischen Konstruktionen ab. Es ist lohnend, sich intensiv damit zu beschäftigen.

Beim Text bin ich bei der Grundidee von Alexander de Cova geblieben, welcher über die „Logik eines Zauberkünstlers“ philosophiert – auch hier haben sich einige zusätzliche Sprüche und Gags beim Vorführen entwickelt.  

Jetzt aber viel Spaß mit meiner Variante!

https://www.youtube.com/watch?v=KBYtOtGXVbQ

Mittwoch, 2. März 2022

Odd Ropes

 

Die „merkwürdigen Seile“ (hierzulande auch als „Kurz-Mittel-Lang“ bezeichnet) sind ein Kunststück, das wohl jeder Zauberkollege kennt: Drei verschieden lange Seile verwandeln sich in gleich lange – und dann wieder zurück zu den unterschiedlichen Längen.

Die Idee stammt von dem amerikanischen Zauberkünstler Robert Carver, der in den 1950-er Jahren den Effekt „The Professor’s Nightmare Rope Trick“ nannte.

http://www.zauber-pedia.de/index.php?title=Odd_Ropes

Dass in dem Material weit mehr steckt, erfuhr ich ziemlich frühzeitig, als ich im Fernsehen die „Marvelli Show“ sah (im Video beginnt ab 3:00 die Überleitung, ab 4:59 dann die eigentliche Routine):

https://www.youtube.com/watch?v=n1eidDhA6vI&t=534s

Nebenbei: Inzwischen kann man die drei damals produzierten Vorstellungen von Marvelli auf YouTube ansehen. Ich empfehle das insbesondere jüngeren Kollegen dringend! Klar, manches ist gerade vom Dekor her zeitbedingt – aber die Idee vom magischen Entertainment (statt dem bloßen Vorführen von Rätseln) könnte auch heute noch funktionieren. Vor allem, wenn es auf einem solch intellektuellen Niveau stattfände.

Daneben funktioniert die Präsentation durch eine ordentliche Dosis Ironie, welche der Vorführende vor allem auf sich selber bezieht siehe das kleine Seilstück, das er zu der theatralischen Story vorzeigt.

Jedenfalls war ich damals sehr angetan von der Geschichte, der Dramaturgie, die Marvelli zu den „Odd Ropes“ einsetzte. Erst durch sie wird dieser Trick zum Kunststück. Welcher Magier würde es heute noch wagen, ein großes Publikum fünf Minuten mit drei simplen Seilen zu unterhalten?

Anfangs habe ich meine Vorführung sehr an der Marvelli-Version orientiert. Mit der Zeit entwickelte sich eine etwas andere Textfassung – und ebenso der Vorspann mit dem „Rope to Silk“-Effekt.

Inzwischen habe ich die „Odd Ropes“ über 350 Mal bei meinen Auftritten vorgeführt und kann nur sagen: Der Effekt ist stets ein Stützpfeiler des Programms – er funktioniert bei fast jedem Publikum, nimmt im Zauberkoffer kaum Platz weg und benötigt keinerlei Präparation. Anzumerken wäre noch: Die anfängliche Geschichte vom „Indischen Seiltrick“ unterlege ich mit leiser Musik („Moon River“ von Mantovani), was den „märchenhaften Charakter“ unterstützt. Auf dem YouTube-Video habe ich sie weggelassen, damit es keine Urheberrechts-Probleme gibt.

Für mich ist dieses Kunststück der schlagende Beweis dafür, dass man die „Klassiker“ nicht als „alte Hüte“ abtun sollte. Der Ablauf ist einfach und optisch selbsterklärend, so dass man sich voll auf die Geschichte konzentrieren kann. Probieren Sie es einmal aus – es muss ja nicht meine Version sein!

Hier das Video (wie immer in einem einzigen Take ohne Schnitte aufgenommen):

https://www.youtube.com/watch?v=x4C8BakLgSw