Samstag, 17. Januar 2015

Ihr digitaler Auftritt



„People pay for background“
(Dr. Harlan Tarbell: “Tarbell Course in Magic”)

“Woher haben Sie meine Adresse?“ – das  war die häufigste Reaktion, welche ich bei meiner Buchwerbung von den angeschriebenen Zauberkollegen erhielt. Nun kann es natürlich interessant sein, nach den Quellen zu forschen, über die sich die eigenen Kontaktdaten verbreiten – manchmal klang diese Rückfrage aber eher so, als sei man in seiner selbstgewählten Einsamkeit gestört worden…

Die Antwort ist sehr einfach: Viele verlinken ihre Website auf Suchdateien wie www.allesklar.de. Und dann liefert halt das Impressum die Anschrift. So habe ich mir in der letzten Zeit über 300 Internetauftritte von Zauberkünstlern angesehen. Was ich erblicken musste, hat mich zu diesem Beitrag getrieben:

Um meinen Eindruck in (statistisch sicherlich angreifbare) Zahlen zu fassen, habe ich gestern per Zufallsauswahl eine Strichliste erstellt und die Homepages in die Kategorien „gut“ bzw. „sehr gut“ sowie „mäßig“ und „ganz schlecht“ unterteilt. Mein (selbstredend subjektives) Ergebnis: Fast drei Viertel der Webseiten gefallen mir wenig bis gar nicht, und „sehr gut“ finde ich etwas über fünf Prozent.

Für mich ist das wichtigste Kriterium einer Homepage die grafische Gestaltung. Obwohl sich in der genannten Suchdatei zirka 90 Prozent der Kollegen als „professionelle Zauberer“ bezeichnen, wurde die Mehrzahl der Internetauftritte aus Baukastensystemen selber zusammengepfriemelt – und so sieht es dann auch aus! Einmal fand ich sogar die treuherzige Aussage, man könne so Kosten reduzieren und diesen Preisvorteil an die Kunden weitergeben: Sparsamkeit ist sicher löblich, wird hier allerdings am falschen Ort eingesetzt.

Daher mein wichtigster Rat: Leisten Sie sich einen guten Illustrator und Webdesigner, welcher auch für aussagekräftige (und passend bearbeitete) Fotos sorgt! Die paar hundert Euro, welche Sie hierfür veranschlagen müssen, mögen Ihnen zunächst teuer erscheinen. Aber wie viele Jahre werden Sie eine solche Gestaltung nutzen? Zehn oder mehr? Sollten Sie also durch eine ansprechende Optik im Internet auch nur ein Engagement jährlich mehr bekommen, hat sich der Aufwand bereits bezahlt gemacht!

Ein Fachmann wird Ihnen wahrscheinlich davon abraten, zu tief in die Klischeekiste mit nachtblauem Hintergrund, Glitzersternchen, Zylindern, Zauberstäben und Hasen zu greifen (oder jene Versatzstücke ironisch verfremden). Amateurhafte Schnappschüsse von Ihren Vorstellungen machen sich gut im eigenen Fotoalbum – auf der Website dagegen (oft noch schlecht eingepasst) wirken sie billig bis provinziell! Bedenken Sie: Niemand interessiert es, wie ein Auftritt von Ihnen wirklich aussieht – entscheidend ist der emotionale Eindruck beim Zuschauer. So bewirkt beispielsweise eine gute Darstellung Ihrer Augen, Ihres Blicks weit mehr als ein Standbild aus dem Bühnengetümmel… Und sorgen Sie dafür, dass die Bilder groß genug ausfallen – ansonsten interessiert das nur Briefmarkensammler!

Wenn Sie schon reale Fotos von einer Vorstellung verwenden (was ich persönlich als verzichtbar ansehe): Muss es unbedingt der Kindergeburtstag sein, wo Sie bei zwei Dutzend Kids als Publikum vor dem Hintergrund einiger alter Sträucher auf dem Stoppelrasen herumturnen? Warten Sie halt, bis Sie einmal in einem edleren Ambiente zaubern – und dafür bestellen Sie sich einen Berufsfotografen! Und müssen Ihre Referenzen aus faltigen, schlecht gescannten Zeitungsausschnitten bestehen? Apropos: Eine reine Aufzählung Ihrer Auftraggeber reicht ebenso wenig (auch wenn Sie dies als „Testimonials“ bezeichnen) – mich würde dann schon interessieren, was die Veranstalter jeweils von Ihrer Vorstellung hielten!

Noch wichtiger werden diese Überlegungen, wenn Sie ein Video ihrer Aktivitäten einstellen: Was Ihr Schwager da mit dem Handy gefilmt hat, ist sicherlich eine nette Erinnerung für Sie – auf der Website hat es nichts verloren! Ein Profi dagegen würde für eine gute Ausleuchtung, ruhige Schwenks, passende Bildausschnitte und geschmackvolle Zwischentitel sorgen. Ich hätte übrigens nichts dagegen, mir eine einzelne Routine in Ruhe ansehen zu dürfen, anstatt alle fünf Sekunden per Zwischenschnitt eine andere magische Sau durchs Dorf getrieben zu bekommen! Manchmal sieht man jedoch gar nichts, weil der Link nicht funktioniert – vielleicht zum Glück… Und betrachten Sie sich Ihre Produktionen selbstkritisch: Reihenweise wird man mit Kleidungsstücken konfrontiert, welche wahlweise auf die Kirmes, den Kinderfasching oder in die Caritas-Sammlung gehören!

Ich liebe klar aufgebaute Webseiten, auf denen ich mich schnell zurechtfinde – und hier müssen Sie Ihren Webdesigner eventuell bremsen, auf dass er Ihnen nicht zu viel Schnickschnack einarbeite! Mir macht es keinen Spaß , darauf zu warten, bis sich eine Titelseite (manchmal noch unter großem akustischen Getöse) stückweise aufbaut, angeklickte Fotos nach Drehen und Wenden endlich hochzoomen oder „originelle“ Links verwendet werden, welche ich erst nach längerem Suchen entdecke. „Einfach“ und „schön“ muss keinen Widerspruch darstellen – im Gegenteil!

Das Motto „KISS“ („keep it simple stupid“) gilt noch mehr für Ihre Texte: Fassen Sie sich im Zweifel lieber kürzer und stellen Sie Ihr Angebot, Ihre Art zu zaubern in einfachen Worten vor. Vermeiden Sie es, den Interessenten Wertungen aufzunötigen, welche diese selber treffen müssen („dann sind Sie bei mir richtig“). Allzu penetrante Selbstbeweihräucherung („kommen Sie, treten Sie näher, staunen Sie, die Weltsensation, nur noch heute“) klingt nach Jahrmarktsansager oder „billiger Jakob“.

Besonders furchtbar wird es, wenn sich der Künstler per „Aufschneider-Denglisch“ bemüht, seine „internationale Bedeutung“ herauszustellen. Fundstück auf einer Website: Ein „Master Magician“ - Entertainer - Consultant“ bietet „Great Illusions - Stage Entertainment - Showproductions - Production Services“ und preist seine „all inklusive Angebote“ einschließlich eines „Full Service Package“ an. In einem anderen Fall nennt sich ein Programmangebot „Illusionen & Las Vegas“: Bei näherem Hinsehen wird allerdings lediglich ein „Las Vegas-Style“ versprochen – und dies noch in falschem Deutsch („ein großartiger Magiershow mit Höhepunkt für Ihr Event“).  

Bemühen Sie sich um eine stilistisch gute Sprache! Besonders öde wirken Wortwiederholungen: Wenn sich (wie auf einer Website gesehen) auf neun Zeilen der Begriff „Zauberer“ in Varianten neunmal findet, mag dies auf die Treffer bei Suchmaschinen zielen. Nur – was nützt es, wenn man eine solche Website zwar schnell findet, einen das Wortgeklingel jedoch nachhaltig davon abschreckt, sich näher damit zu befassen?

Insgesamt hat es mich sehr erstaunt, kaum eine Website ohne Mängel in Orthografie und Interpunktion zu finden: Groß- und Kleinschreibung werden sehr oft „kreativ“ eingesetzt, Satzzeichen intuitiv über den Text verstreut, ja, schlimmer noch, auch einfachere Wörter wie „Puplikum“ oder „Fotogallerie“ müssen dran glauben! Heraus kommen dann schmelzende Erkenntnisse wie „Ein KÜNSTLER ist nicht nur ein Maler, Bildhauer oder der gleichen, nein Er ist auch ein MAGIER! (…) Man kann auch ein ZAUBERKÜNSTLER als einen ENTERTAINER bezeichnen.“ Mein dringender Rat: Lassen Sie Ihre Texte von einem guten (!) Journalisten oder Germanisten bearbeiten, koste es, was es wolle! Es gibt Kunden, die solche Fehler bemerken – und vielleicht wären gerade die wichtig für Ihre Arbeit. Wie Harlan Tarbell so richtig erkannte: "Die Leute zahlen für Niveau."

Wenn Sie dann Ihre tolle Website haben: Halten Sie diese aktuell! Es wirkt nicht sehr überzeugend, wenn die Terminliste im Jahr 2011 endet oder am Start der Hinweis prangt: „In der Zeit vom 21.4.08 bis 30.4.08 wird diese Seite überarbeitet.“ (aktuelles Fundstück!)

Und warum meiden die Zauberkünstler öffentliche Informationen über ihre Gagen wie der Teufel das Weihwasser? Natürlich wird das konkrete Honorar von verschiedenen Umständen des Einzelfalls abhängen, der Kunde sollte jedoch vorab erfahren, was der Künstler hierbei einrechnet und in welchem finanziellen Rahmen sich dies bewegt, um sich unnötige Kontakte zu ersparen.

Ich finde es sehr schade, dass wir Zauberkünstler uns oft auf der Angebotsseite bekriegen (Wegschnappen von Aufträgen, Neiddebatten über Honorare, „Profis“ kontra Amateure), das Thema Nachfrage jedoch ignorieren: Es gäbe viel mehr Interessenten und Buchungen, wenn wir das Image der Zauberkunst vom „Hüpfburgengeruch“ befreien könnten. Im digitalen Zeitalter gehört dazu ein ansprechender Internetauftritt.

P.S. Schleichwerbung: Bei der Suche nach einer guten Illustratorin könnte ich Ihnen behilflich sein! www.tangofish.de

Donnerstag, 15. Januar 2015

Zaubern – das Wie entscheidet!



Vor einigen Monaten habe ich ein Buch mit dem gleichnamigen Titel veröffentlicht. Dieser erscheint mir als wesentliche Quintessenz aus fast 30 Jahren Zauberei: Nicht die ausgewählten Tricks bestimmen den Erfolg eines Auftritts, nicht einmal die technische Perfektion ihrer Vorführung. Entscheidend ist für mich die Darstellung einer überzeugenden Bühnenpersönlichkeit, der man die vorgeführten Effekte abnimmt. Mein Buch enthält eine Fülle von Anregungen zu diesem Thema.

In all den Jahren hatte ich nur wenig Kontakt mit der magischen „Szene“ – deren ständige Suche nach „neuen Tricks“ nervte mich zunehmend. Ein Beispiel ist Alexander de Covas „Purse Swindle“ (für mich das Beste, was man mit einem Seidentuch und einer DS anstellen kann). Ich habe über dieses Kunststück viel nachgedacht, eine eigene Routine entwickelt, eine Kinderversion (nach einer Idee von Michael Sondermeyer und Uwe Schenk) fabriziert und das alles mehrere hundert Mal vor Laienpublikum gezeigt. Wann immer ich versuchte, Zauberkollegen meine diesbezüglichen Ideen zu erklären, wurde der Empfänger nach kürzester Zeit wieder abgestellt: „Ach so, das mit der DS kenne ich schon!“  Dieser Satz jedoch sollte den Beginn eigener Überlegungen bilden und nicht deren Ende!

Was ist in der Magie schon wirklich „neu“? In der Summe sehr wenig. Nach wie vor produzieren wir gewählte Karten aus einem gemischten Spiel – allerdings, wie Alexander de Cova sagt, braucht man heute zu deren Finden einen Waschbären oder eine endlos komplizierte Routine inklusive dem Errechnen von Quersummen, auf dass der erzielte Effekt darin untergehe – oder alternativ in einem Sammelsurium fader Witze, auf dass der Anspruch laut Website („Zaubern mit Humor“) sich erfülle…

Häufig werden lediglich Rätsel vorgeführt: Hauptsache, das Publikum weiß nicht, wie es geht. Doch dies trifft ebenso auf Computer oder (bei Männern) die Handhabung einer Waschmaschine zu. Was ist daran unterhaltsam, dass man den technischen Prozess eines Vorgangs nicht erklären kann? Allzu oft geraten magische Effekte zu Denksportaufgaben – die Emotionen der Zuschauer aber bleiben unberührt. Das Gegenbeispiel schlechthin ist und bleibt für mich das „Herz aus Glas“ von Altmeister Punx. Er führt keinen bloßen Durchdringungseffekt vor, sondern erreicht mit der Botschaft „Geld allein macht nicht glücklich“ die Herzen des Publikums.

Wenn es wirkliche Zauberei gäbe – was würde man dann gerne können? Vielleicht Geld aus dem Nichts holen, Gedanken erraten, beim Glückspiel gewinnen? Möglicherweise blieben unter diesem Aspekt viele oft gezeigte Kunststücke auf der Strecke – oder ist es ein menschlicher Wunschtraum, dass sich die vier Asse, die zunächst getrennt sind, schließlich in einem Kartenpäckchen versammeln? Außer, man macht daraus eine emotional berührende Geschichte wie Punx in seinem „Märchen von den vier Wünschen“

Solche Themen würde ich auf meinem Blog gerne mit Ihnen diskutieren.

Meine Erfahrungen als Blogger zeigen allerdings eindeutig, dass ein Zulassen anonymer Beiträge früher oder später Zeitgenossen anlockt, die per „Verbalradikalismus“ nur ihren Frust ablassen wollen. Daher lade ich Kommentare nur hoch, wenn Sie diese unter wirklichem Namen veröffentlichen wollen.
Weiterhin sollten Sie auf herabsetzende und beleidigende persönliche Angriffe verzichten. Eine klare, vielleicht auch einmal harte inhaltliche Debatte reicht doch völlig aus – man muss diese nicht auf reale Personen beziehen! Ich werde in eher kritischen Blogbeiträgen ebenfalls möglichst auf konkrete Namen verzichten – es sei denn, ich zitiere aus öffentlich zugänglichen Quellen.

Meine Blogs sind und bleiben werbefrei – allerdings bis auf die Werbung für mich und meine Bücher! Wenn ich hier gelegentlich Beiträge zur Zauberkunst veröffentliche, stammen diese oft aus meinem oben angesprochenen Werk. Natürlich würde es mich freuen, wenn Sie dieses (gedruckt oder als E-Book) käuflich erwerben würden (Ausleihen finde ich als Autor unmoralisch!). Bestellinformationen finden Sie auf meiner Website (siehe Link in der Titelzeile dieses Blogs).

Vielleicht habe ich Sie nun neugierig gemacht auf meine weiteren Ideen? Keine Sorge, die nächsten Artikel hierzu werden in Bälde erscheinen!

Mit herzlichen magischen Grüßen
Ihr Gerhard Riedl