Ich weiß noch genau, wie mein erster Kontakt zu dieser Spezies zustande kam: Vor fast 40 Jahren
wünschte ich mir von meinen Eltern zu Weihnachten ein paar Zaubertricks. Vorher
hatte ich mit glühenden Augen den Katalog
der Firma Kellerhof studiert und war
begeistert von den magischen Verheißungen, die ich dort vorfand.
Nach der Bescherung war meine Hochstimmung etwas
abgeflaut. Die Prospekt-Poesie
schien mir doch ziemlich übertrieben
– und die tollen Requisiten waren eher billig wirkende Plastikprodukte, mit denen man auch technisch nicht immer einfach zurechtkam. Die beiliegenden schriftlichen Erklärungen bestanden
öfters aus wenigen Sätzen auf einem Zettel im DIN A5-Format.
Dass es auch anders geht, erfuhr ich 1984, als mich ein Kollege
auf Eckhard Böttchers „Zauber Butike“
aufmerksam machte. Dort kamen alle zwei Monate „Zauberbriefe“ heraus, welche weitgehend realistische Beschreibungen und vor allem schöne Abbildungen (bald darauf sogar in Farbe) enthielten.
Die meisten Requisiten waren sehr gut verarbeitet und wiesen ein ansprechendes Design auf. Vor allem aber war ich beeindruckt von
den wirklich ausführlichen Beschreibungen.
Bei denen merkte man, dass Böttcher selber ein hervorragender Zauberkünstler war und sich mit dem Material
ausführlich beschäftigt hatte. Manchmal enthielten die Anleitungen Ideen von Zauberkollegen. Auch für ein Requisit,
das weniger als 20 DM kostete, bekam man oft mehrere Seiten mit vielen Anregungen.
Weitere Routinen und Tipps fand man öfters in den darauf folgenden
Zauberbriefen, wo Beiträge von Kunden veröffentlicht wurden. Etliche
Routinen stammten später sogar aus meiner Feder – hatte ich doch inzwischen
begriffen, dass es nicht die eine „richtige“ Methode gab, einen Effekt zu
präsentieren. Kein Zweifel: Böttchers Stil regte dazu an, sich über ein
Kunststück selber kreative Gedanken
zu machen.
Ich habe in der ganzen Zeit viele Händler kennengelernt,
deren Ambitionen sich auf sehr bescheidenem Level bewegten. Nach
meinem Eindruck werden oft Requisiten verkauft, die man selber nicht einmal auspackt, um sie
auszuprobieren. Lediglich die oft englischen Beschreibungen werden eher
schlampig ins Deutsche übersetzt. Man muss ja selber gar nicht zaubern können,
um magische Effekte zu verhökern.
Ich hatte nicht die Energie (und lange Zeit auch nicht
das Selbstvertrauen), mich mal bei gewissen Trickverkäufern über die schlechte Qualität ihrer Produkte zu beschweren. Wahrscheinlich wäre dabei aber
eh nichts herausgekommen, da Zauber-Utensilien wegen des „Geheimnisses“ meist
vom Umtausch ausgeschlossen sind.
Und nach meiner Erfahrung prunken gerade die Händler mit den lausigsten
Geschäftspraktiken am meisten mit „Exklusivität“.
Kritik daher zwecklos…
Ich möchte hier keine konkreten Empfehlungen oder Warnungen
aussprechen – schon, da ich nur noch
höchst selten etwas bei Händlern bestelle und daher nicht auf dem aktuellen
Stand bin. Allerdings musste ich in den letzten Jahren bei relativ teuren
Effekten (Blumen-Produktionen) feststellen, dass beispielsweise viel zu schwache Magnete
verwendet wurden oder in einem Fall ein Bodengestell, das deutlich zu leicht
und daher instabil war. Ich behaupte einmal, dass die betreffenden Verkäufer
den Effekt nie persönlich probiert
haben, weil selbst bei nur rudimentären Zauberkenntnissen hätte auffallen
müssen, dass ein Handling nicht oder nur mit viel Mühe klappt.
Man wird so zu größeren
Bastelarbeiten gezwungen, damit Requisiten halbwegs funktionieren, die man
für teures Geld erstanden hat. Ich
finde, etliche Zauberhändler sollten bestenfalls Scherzartikel anbieten. Das zeigt sich häufig schon am verwendeten
Material: Kunststoff und Pappendeckel. Utensilien aus früheren Zeiten waren
dagegen aus Metall, Holz und Glas gefertigt. Ich würde beispielsweise viel
darum geben, ein wunderbares Kunststück wie die „Zig Zag Lady Parade“ in einer
stabilen Ausführung erwerben zu können, statt bei jeder Vorführung zu zittern,
ob das zusammengepappte Zeug nicht endgültig zerfällt.
Öfters ärgere ich mich auch, dass man technisch nicht an diverse Verbesserungen gedacht hat, welche
die Präsentation viel überzeugender machen würden.
Aber solche Missstände haben auch ihr Gutes, warnen sie
uns doch vor der Legende, von
welcher die Requisiten-Dealer leben: „bestellen,
auspacken, Beschreibung lesen, vorführen“. Mit überzeugender Zauberei hat das natürlich nichts zu tun. Sieht man
sich YouTube-Videos von Klassikern wie den „Hopp
Hopp Kaninchen“ oder dem Würfelkasten
an, erkennt man aber: Dieser Irrglaube
findet viele Jünger, welche diese Routinen alle gleich und streng nach
Vorschrift zeigen.
Wie man ein Kunststück rein durch die „Verpackung“ aufwerten kann, sieht man
in diesem Video:
https://www.youtube.com/watch?v=kYjE5H_tCsU
Bedenken Sie daher: Fast alle Gerätschaften, welche Ihnen
die Zauberhändler verkaufen, können mehr,
als in der Beschreibung steht. Dazu muss man sich mit dem Material intensiv auseinandersetzen und darf
nicht gleich aufgeben, wenn es nicht passt. Bei mir lagen Requisiten oft
jahrelang herum, bis ich auf den entscheidenden Dreh, die passende Textidee kam,
die plötzlich eine überzeugende
Darbietung ermöglichten.
In meinem Zauberbuch habe ich eine Anekdote über den
legendären Ken Brooke erzählt, der
ja auch als Verkäufer in einem Zauberladen arbeitete. Er verblüffte einen
Kunden maßlos mit einem Effekt – und als der das Kunststück sofort erwerben
wollte, überreichte Ken Brooke ihm ein Buch,
welches der Käufer noch kurz vorher als „schrecklich langweilig“ bezeichnet hatte.
Wenn Sie ein solches Werk kaufen, erwerben Sie nicht
einen Effekt, sondern Dutzende! In der magischen
Literatur warten viele ungehobene
Schätze auf Sie – man muss sie nur entdecken! Und es gibt Requisiten, die
nicht nur eine Aktion ermöglichen,
sondern viele – beispielsweise Kartenspiele, Schwammbälle oder Seile.
Ich gestehe gerne, bei den Zauberhändlern viel Geld gelassen zu haben – bei
entsprechender Beratung hätten sich in meiner Anfängerzeit manche Fehlinvestitionen vermeiden lassen. Die
Kunststücke aber, die ich erfolgreich immer wieder zeige, stellen in der
Mehrzahl äußerst preiswerte und variabel zu handhabende Effekte dar.
Beispielsweise ein paar Seilstücke für die „Odd
Ropes“, de Covas „Ropemare“ –
oder eine Geldbörse plus Tuch und DS bei seinem „Purse Swindle“. Auch das Riesenkartenspiel, mit dem ich zirka 350
Mal das „Märchen von den vier Wünschen“
von Punx vorgeführt habe, hat sicherlich nur einen niedrigen zweistelligen
Betrag gekostet. Einzig das 8er-Ringspiel
habe ich vor vielen Jahren – nach heutigen Preisen – für vielleicht 80 Euro
erstanden. Allerdings war es auch an die 800 Mal in meinem Programm vertreten –
macht pro Auftritt 10 Cent!
Daher rate ich jedem Anfänger, den Zauberhändlern gehörig auf den Wecker
zu gehen: Die haben alle Telefon und
eine Mailadresse für Anfragen – und wenn
sie die nicht beantworten respektive Ihnen schrottiges Material mit einer DIN
A5-Kurzbeschreibung liefern: Bestellen Sie dort nie mehr – besser wird es
nämlich kaum!
Zauberhändler
verkaufen halt – im doppelten Sinne – Illusionen.
Requisiten sind aber keine Krücken,
welche zauberische Mängel ersetzen.
Der höchst kreative Alexander
de Cova hat einmal geschrieben:
„Denken Sie einmal
darüber nach, dass wahrscheinlich mehr Menschen jonglieren würden, wenn es
Jongliergimmicks gäbe!“