Montag, 27. April 2020

Mentale Koordination


„Out of USA“ nennt der Kartenexperte Roberto Giobbi diesen Effekt, den er in seinem Buch „Roberto Super-light“ beschreibt.

Für mich ist es ein ganz außergewöhnliches Kunststück – ich kenne kein anderes mit einem ähnlichen Strickmuster. Es zeigt wieder einmal, welche verrückten Sachen man in diesem Bereich anstellen kann!

Material:
ein Kartenspiel, in dem sich rote und schwarze Karten einzeln hintereinander abwechseln

Routine und Vortrag:

Reihum sollen Zuschauer das bildoben liegende Spiel abheben: Manchmal liegen dann obenauf zwei rote oder zwei schwarze Karten – oder auch ein rot-schwarzes Paar:


Im letzteren Fall lassen Sie das Abheben nicht vollenden, sondern drehen die zwei Hälften rückenoben. Mischen Sie die beiden Päckchen durch Abriffeln ineinander (der bekannte „Riffle Shuffle“). Muss nicht perfekt sein - Sie können die Karten auch irgendwie ineinanderschieben!


Nun darf ein Zuschauer nochmal abheben. Betonen Sie die rein zufällige Reihenfolge der Karten:

„Wie Sie sehen, wurde das Spiel mehrfach abgehoben und auch durcheinander gemischt. Mehr Zufall geht kaum! Ich teile das Spiel nun noch in zwei Hälften.“

Nehmen Sie von der Rückenseite einzeln Karten ab und bilden zwei Stapel: Die erste Karte legen Sie rückenoben links ab, die nächste bildoben rechts, die dritte dann wieder rückenoben links, die vierte bildoben rechts usw.


Übergeben Sie das rückenobene Päckchen einem Zuschauer, selber nehmen Sie das bildobene:

„Entscheidend ist in der Zauberei die Koordination mit dem Zuschauer. Seine Gedankenwellen und die des Magiers müssen in Gleichtakt gebracht werden. Versuchen wir das einmal: Wir nehmen Karten einzeln von oben ab. Wenn ich eine Karte links von mir ablege, tun Sie das auch – und ebenso, wenn ich die meine rechts ablege. Also völlig synchron und parallel!“

Sie legen nun von oben jede rote Karte übereinander links von sich ab, jede schwarze rechts. Ihr Helfer soll genau parallel verfahren, nur halt mit den verdeckten Karten – sie also links ablegen, wenn Sie das tun – oder entsprechend rechts, wenn Sie so agieren. Es entstehen also jeweils zwei Päckchen.

Fächern Sie dann Ihre beiden Stapel aus: Logischerweise enthält einer nur rote, der andere nur schwarze Karten. Drehen Sie dann die beiden Zuschauer-Päckchen um und fächern sie ebenfalls aus: Auch hier enthält eines nur rote, das andere nur schwarze Karten!

„Wahrhaftig – eine perfekte Koordination! Unsere Gedanken waren im Gleichklang. Vielen Dank!“

Das Geheimnis? Keine Ahnung – sicher irgendein mathematisches Prinzip. Muss ich wissen, wie das geht? Hauptsache gut…

Viel Freude beim Ausprobieren!

Freitag, 24. April 2020

Die Fahrstuhl-Karten


Ich kenne den Effekt aus dem Buch „Zaubertricks – Das große Buch der Magie“  des bekannten DDR-Magiers Jochen Zmeck. Erfunden hat ihn offenbar der amerikanische Kartenspezialist Al Leech. Für Insider: Letztlich stellt er eine „Ambitious Card“-Variante dar. Was mich bei diesem Kunststück überzeugt, ist die simple Handhabung und der sehr anschauliche Text.

Material:
ein gewöhnliches Kartenspiel (kann auch geliehen sein)

Routine und Vortrag:

„Ich möchte Ihnen mit den 4 Assen einmal ein technisches Wunder vorführen: einen Fahrstuhl. Und da es ein utopisches Kunststück ist: einen, der stets funktioniert.“

Suchen Sie aus dem bildoben gehaltenen Spiel die 4 Asse heraus und legen sie auf die Bildseite des Spiels. Fächern Sie diese Karten noch einmal vor und bilden beim Zusammenschieben unter der 5.Karte (hier die Karo 2) mit dem rechten Kleinfinger einen Spalt – ähnlich, wie ich es bei den „Schnalz-Buben“ schon einmal beschrieben habe. Schieben Sie dann die Karten über dem Spalt zusammen.




Nehmen Sie diese 5 Karten zügig hoch und drehen sie – ebenso wie das Restspiel mit den Rückseiten nach oben. Legen Sie dann das Fünferpäckchen aufs Spiel.

Situation: Die oberste Karte des Spiels ist eine beliebige, dann kommen die 4 Asse.

Legen Sie die obersten 4 Karten des Spiels von links nach rechts einzeln in einer Reihe aus. Die erste, also die beliebige Karte, zeigen Sie nur mit der Rückseite, die rechts daneben können Sie – wie zufällig – beim Ablegen etwas kippen, so dass die Zuschauer die Asse erkennen.


„Wie Sie sehen, warten nun 4 Fahrstühle – also die Asse – auf den Test. Der erste Aufzug startet unten und fährt bis ganz nach oben. Und schon ist er angekommen!“

Werfen Sie das Spiel auf die Karte ganz rechts und illustrieren durch leichtes Abriffeln von unten nach oben die Fahrt. Schnippen Sie mit dem Finger aufs Spiel! Drehen Sie dann die oberste Karte um: ein As! Legen Sie es bildoben auf den freien Platz ganz rechts. Legen Sie dann die einzelne Karte links daneben aufs Spiel, riffeln von oben nach unten durch und zeigen die Unterseite: ein As! Legen sie es auf den freien Platz in der Reihe der einzelnen Karten.

„Der zweite Fahrstuhl startet oben – und schon ist er unten angekommen! Der dritte fährt wieder unten los – und tatsächlich ist er bereits oben gelandet!“

Werfen Sie das Spiel auf die rechte der beiden noch verdeckt liegenden Karten und riffeln von unten nach oben ab. Schnipsen Sie mit dem Finger auf die Oberseite des Spiels: Das 3. As ist oben angelangt! Geben Sie es auf den freien Platz zurück.

Dann legen Sie das Spiel auf die noch verdeckt liegende Einzelkarte (die beliebige). Riffeln Sie nur bis etwa zur Mitte des Spiels nach oben. Wiederholen Sie mit sorgenvollem Gesichtsausdruck diese Aktion noch einige Male.

„Oh, ich fürchte, der Lift ist stecken geblieben! Unten ist er jedenfalls schon abgefahren – aber oben noch nicht angekommen.“

Drehen Sie das Spiel kurz bildoben: Da liegt jetzt eine beliebige Karte. Drehen Sie auch die oberste Karte kurz um: ebenfalls kein As!

„Wohl doch eine Utopie – Fahrstühle, die stets funktionieren! Na gut, in dem Fall muss man halt die Treppe nehmen und mühsam hochsteigen…“

Drehen Sie das Spiel bildoben und nehmen die jetzt obersten beiden Karten als eine ab (dublieren also, siehe Farbverwandlungsspiel"), drehen dann das ganze Spiel wieder rückenoben und legen die beiden Karten – ebenfalls rückenoben – zügig aufs Spiel.

„Außerdem hat ja jeder Fahrstuhl so einen Notknopf – mein Herr, wollen Sie mal draufdrücken? Sehen Sie – jetzt ist der Fahrstuhl doch wieder oben angekommen! Vielen Dank.“

Lassen Sie einen Zuschauer auf das mittlere Ornament der Karte drücken, dann drehen Sie diese um: das 4. As! Legen Sie es zu den anderen Assen:


Bei zahlreichen Vorführungen habe ich erlebt, dass die Tour trotz des simplen Ablaufs dem Publikum viel Vergnügen bereitet.

Die Sache ist ziemlich einfach zu erlernen – sie sollten sich nur die „Fahrtrichtungen“ merken:
1.    von unten nach oben
2.    von oben nach unten
3.    von unten nach oben
4.    nochmal von unten nach oben (Panne)

Viel Spaß!

Dienstag, 21. April 2020

Die Zusammenstellung des Programms


Öfters sehe ich Zaubervorstellungen, welche mir anfangs gut gefallen –im weiteren Verlauf allerdings wird mir immer fader zumute. Oft liegt es an der Überlänge. Ich habe es noch nie erlebt, dass eine Ausdehnung von mehr als anderthalb Stunden eine Verbesserung brachte, im Gegenteil.

Häufiger liegt es aber daran, dass der Kollege einen Typ von Zaubereffekt, eine bestimmte Vorführweise in Variationen wiederholt (z.B. Manipulatoren, die zuerst Spielkarten vermehren, dann Billardbälle, schließlich Münzen etc.). Oder es werden ständig Zuschauer einbezogen und ähnlichen „Gags“ ausgesetzt, man holt das x-te Kind auf die Bühne und kostümiert es wieder mit Umhang plus Zauberhut.

Kollegen, die ihre Begabung in der Comedy sehen, reißen pausenlos Witze, Mentalisten lesen unentwegt Gedanken: Nach einiger Zeit ahnt man, was kommt, und hat immer weniger Lust, es zu erleben.

„Variatio delectat“ – die Abwechslung erfreut halt und nicht die Eintönigkeit. Nach der Befolgung dieser Regel sucht man in künstlerischen Darbietungen oft vergeblich!

Trotz unterschiedlicher Erscheinungsart sind viele Zaubereffekte vom prinzipiellen
„Strickmuster“ her sehr ähnlich. Nachfolgend – ohne Anspruch auf Vollständigkeit – eine kleine Aufstellung gängiger Touren:

·         Produktionen: Aus scheinbar leeren Behältnissen erscheint eine Unmenge an Gegenständen (meist gut zusammenlegbar wie Seidentücher und -bänder, Klapp- oder Federblumen bzw. Schaumstoffartikel). In der Branche nennt man das etwas respektlos „Auspacknummern“.
·         Verschwinde-Effekte: Kommen isoliert seltener vor, da sie einen „Anticlimax“ darstellen – wenn etwas Interessantes plötzlich weg ist, wirkt dies eher enttäuschend (Beispiel: Spazierstock wird in Zeitung gewickelt und löst sich „in Luft“ auf).
·         Wanderungen und Verwandlungen bilden eine Kombination der obigen Muster: Ein Gegenstand verschwindet, ein anderer (oft damit in Beziehung stehender) erscheint dafür (bzw. der gleiche an einem anderen Ort). Dieser Kunststücktyp kommt in Zauberprogrammen sehr häufig vor (z.B. einzelne Tücher werden zu einer Tücherkette, Schwammball wandert in Zuschauerhand).
·         Repeat-Effekte: Deren magische Wirkung geht davon aus, dass sich Unerklärliches oft wiederholt, was immer erstaunlicher anmutet. Häufig zeigt man Produktionen auf Raten wie beim „Six Card Repeat“ (von sechs Karten wird eine weggelegt, es bleiben wieder sechs übrig usw.) – wird auch mit Geldscheinen, Blumen oder Seilen vorgeführt. Ebenfalls gehört die beliebte „Flaschenvermehrung“ in diese Sektion. Gerne werden solche Zaubereien als „Running Gag“ eingesetzt (z.B. der unerschöpfliche Wasserkrug alias „Ganga“).
·         Restaurationen: Zerstörtes wird ganz gemacht (z.B. Zeitungszerreißen, Seilzerschneiden oder die zersägte Dame). Verwandt damit sind Darbietungen, bei denen aus Unordnung wieder Ordnung entsteht wie beim berühmten „Kubusspiel“.
·         Durchdringungen: Oft vorgeführte Varianten dieses Typs sind natürlich das Ringspiel oder Befreiungseffekte; es gibt allerdings kaum einen Gegenstand, bei welchem die Solidität der Materie nicht per Trick in Frage gestellt werden kann!
·         Geheimnisse oder Gedanken erraten: Hierzu gehören sicherlich zwei Drittel aller Kartenkunststücke, wo in immer wieder neuen Varianten gewählte oder gedachte Karten gefunden werden. Die „Abnutzungsgefahr“ ist hierbei hoch, da solche Effekte sehr häufig gezeigt werden und deren Ende meist ziemlich erwartbar ist! Aber auch zu anderen Themen (z.B. Wörter aus Büchern erraten) existiert eine Fülle von Mentalexperimenten.
·         Links-Rechts-Effekte beruhen auf einer bilateralen Anordnung von meist ähnlichen Requisiten und zeigen oft Wanderungen (z.B. die klassischen Flasche-Glas-Routinen oder die „Hopp-Hopp-Kaninchen“). Häufig besteht das Muster auch darin, dass eine Veränderung der einen Seite dann auf der anderen Position „gespiegelt“ wird (z.B. wiederum beim Kubusspiel).
·         Aufsitzer sind bei Zauberern recht beliebt: Dem Publikum wird eine scheinbare Trickerklärung angedient, allerdings diese am Ende widerlegt. Das führt zwangsläufig zu einem intensiven Kontakt mit dem Publikum, welches auf die scheinbare Lösung einsteigt. Solche Provokationen bergen allerdings auch Risiken, wenn sich die Zuschauer (gerade Kinder) zu sehr „veralbert“ fühlen.
·        Story-Tricks: Basis ist hier eine häufig poetisch-märchenhafte oder lustige Geschichte, die durch einen Zaubereffekt illustriert wird. Die magische Stimmung bewirkt vor allem der Text und dessen schauspielerische Interpretation. Beispiele sind die Kunststücke von Punx wie das „Märchen von den vier Wünschen“ oder sein „Herz aus Glas“.
·         Comedy-Effekte sind derzeit nicht nur in der Kinderzauberei sehr beliebt. Sie reichen von ungewöhnlichen Eigenschaften bestimmter Gegenstände (z.B. zerbrechender Zauberstab oder quietschender Salzstreuer) bis zu Parodien auf klassische Zaubereffekte (Zersägeillusion geht schief). Die Vorführenden geben sich oft skurril bis paranoid, was – je nach Inszenierung und Interpretationskunst – sehr lustig oder auch nervtötend wirken kann.
·         Routinen mit Zuschauerbeteiligung sind seit längerer Zeit ein absolutes „Muss“ in der Szene. Häufig wird ein unschuldiger Gast zunächst verbal angemacht, fungiert dann einige Zeit als Kontrast zum perfekten Magier und darf – wenn er Glück hat – abschließend doch noch selber zaubern. Besonders schwer erträglich, wenn diese Strategie bei einem Auftritt öfter eingesetzt wird.

Sicherlich könnte man hier noch zahlreiche Kategorien anfügen, zudem gehören manche Kunststücke in mehrere Bereiche. Aber mir kommt es nicht auf eine lexikalische Vollständigkeit an, die sowieso nicht erreichbar ist – glücklicherweise kann jede Routine eigenständig gestaltet werden. Was Sie aber versuchen sollten:

Ordnen Sie Ihre Kunststücke bestimmten Typen zu – und zeigen Sie in einem Programm möglichst nur eine Nummer aus jedem Bereich!
Dies gilt ebenso für die Art der Requisiten: Dem Laien bleiben halt beispielsweise „Kartentricks“ in Erinnerung, egal, wie unterschiedlich diese gewesen sind.

Natürlich gibt es auch hierbei Ausnahmen. Allerdings müssen dann deutliche Gegensätze zwischen zwei Effekten der gleichen Kategorie bestehen – und Sie dürfen diese Nummern keinesfalls hintereinander platzieren!

Weitere Kontrastmöglichkeiten für Ihr Programm:

·         langer, ausgefeilter Ablauf mit mehreren, sich steigernden Touren
·         sehr kurzer, direkter und überraschender Effekt
·         stark über die Textlinie wirkende Routine („Wörtertrick“)
·         Kunststück, welches allein durch die Optik überzeugt; oft mit Begleitmusik
·         apparativ geprägte Nummer mit größerem Bühnenaufbau (z.B. Produktion)
·         eher kleines, einzelnes Requisit (z.B. Tuchverschwinden mit DS)
·         Running Gag (z.B. Ganga)
·         dramatisches bzw. turbulentes Kunststück
·         zauberhaft-poetische, ruhige Routine (öfters mit Begleitmusik zum Text)
·         komische Nummer mit skurrilen Einfällen
·         seriöse, ernsthafte Darstellung

Natürlich kann schon eine einzelne Routine solche Gegensätze enthalten – umso besser! Andererseits muss Ihr Gesamtprogramm nun nicht all diese Optionen berücksichtigen: Je nach Künstlerpersönlichkeit sollte schon ein individueller Stil erkennbar sein, welcher in die eine oder andere Richtung geht. Aber unbesorgt, der entwickelt sich mit der Zeit von alleine – also richten Sie Ihr Hauptaugenmerk darauf, dass Ihr Auftritt möglichst abwechslungsreich ausfällt!
Andruck
Die Wirkung der Zauberei resultiert vorrangig aus dem Unerwarteten!

Ein Meister des Kontrastes ist für mich David Copperfield. Zwischen spektakuläre, äußerst medienwirksame Effekte wie die „Verschwindende Freiheitsstatue“ schob er immer wieder kleine, kammerspielartige Darbietungen ein – unvergesslich die „Schwebende Rose“ von Kevin James: