„People pay for background“
(Dr. Harlan Tarbell:
“Tarbell Course in Magic”)
“Woher haben Sie
meine Adresse?“ – das
war die häufigste Reaktion, welche ich
bei meiner Buchwerbung von den angeschriebenen Zauberkollegen erhielt. Nun kann
es natürlich interessant sein, nach den Quellen zu forschen, über die sich die
eigenen Kontaktdaten verbreiten – manchmal klang diese Rückfrage aber eher so,
als sei man in seiner selbstgewählten Einsamkeit gestört worden…
Die
Antwort ist sehr einfach: Viele verlinken ihre Website auf Suchdateien wie www.allesklar.de. Und dann liefert
halt das Impressum die Anschrift. So habe ich mir in der letzten Zeit über 300
Internetauftritte von Zauberkünstlern angesehen. Was ich erblicken musste, hat
mich zu diesem Beitrag getrieben:
Um
meinen Eindruck in (statistisch sicherlich angreifbare) Zahlen zu fassen, habe
ich gestern per Zufallsauswahl eine Strichliste erstellt und die Homepages in
die Kategorien „gut“ bzw. „sehr gut“ sowie „mäßig“ und „ganz schlecht“
unterteilt. Mein (selbstredend subjektives) Ergebnis: Fast drei Viertel der
Webseiten gefallen mir wenig bis gar nicht, und „sehr gut“ finde ich etwas über
fünf Prozent.
Für
mich ist das wichtigste Kriterium einer Homepage die grafische Gestaltung. Obwohl sich in der genannten Suchdatei zirka
90 Prozent der Kollegen als „professionelle Zauberer“ bezeichnen, wurde die
Mehrzahl der Internetauftritte aus Baukastensystemen selber zusammengepfriemelt
– und so sieht es dann auch aus! Einmal fand ich sogar die treuherzige Aussage,
man könne so Kosten reduzieren und diesen Preisvorteil an die Kunden
weitergeben: Sparsamkeit ist sicher löblich, wird hier allerdings am falschen
Ort eingesetzt.
Daher
mein wichtigster Rat: Leisten Sie sich einen guten Illustrator und Webdesigner, welcher auch für aussagekräftige
(und passend bearbeitete) Fotos sorgt! Die paar hundert Euro, welche Sie
hierfür veranschlagen müssen, mögen Ihnen zunächst teuer erscheinen. Aber wie viele
Jahre werden Sie eine solche Gestaltung nutzen? Zehn oder mehr? Sollten Sie
also durch eine ansprechende Optik im Internet auch nur ein Engagement jährlich
mehr bekommen, hat sich der Aufwand bereits bezahlt gemacht!
Ein
Fachmann wird Ihnen wahrscheinlich davon abraten, zu tief in die Klischeekiste mit nachtblauem
Hintergrund, Glitzersternchen, Zylindern, Zauberstäben und Hasen zu greifen
(oder jene Versatzstücke ironisch verfremden). Amateurhafte Schnappschüsse von
Ihren Vorstellungen machen sich gut im eigenen Fotoalbum – auf der Website
dagegen (oft noch schlecht eingepasst) wirken sie billig bis provinziell! Bedenken
Sie: Niemand interessiert es, wie ein Auftritt von Ihnen wirklich aussieht –
entscheidend ist der emotionale Eindruck
beim Zuschauer. So bewirkt beispielsweise eine gute Darstellung Ihrer Augen,
Ihres Blicks weit mehr als ein Standbild aus dem Bühnengetümmel… Und sorgen Sie
dafür, dass die Bilder groß genug ausfallen – ansonsten interessiert das nur
Briefmarkensammler!
Wenn
Sie schon reale Fotos von einer
Vorstellung verwenden (was ich persönlich als verzichtbar ansehe): Muss es
unbedingt der Kindergeburtstag sein, wo Sie bei zwei Dutzend Kids als Publikum vor
dem Hintergrund einiger alter Sträucher auf dem Stoppelrasen herumturnen?
Warten Sie halt, bis Sie einmal in einem edleren
Ambiente zaubern – und dafür bestellen Sie sich einen Berufsfotografen! Und
müssen Ihre Referenzen aus faltigen, schlecht gescannten Zeitungsausschnitten
bestehen? Apropos: Eine reine Aufzählung Ihrer Auftraggeber reicht ebenso wenig
(auch wenn Sie dies als „Testimonials“ bezeichnen)
– mich würde dann schon interessieren, was die Veranstalter jeweils von Ihrer
Vorstellung hielten!
Noch
wichtiger werden diese Überlegungen, wenn Sie ein Video ihrer Aktivitäten einstellen: Was Ihr Schwager da mit dem Handy
gefilmt hat, ist sicherlich eine nette Erinnerung für Sie – auf der Website hat
es nichts verloren! Ein Profi dagegen würde für eine gute Ausleuchtung, ruhige
Schwenks, passende Bildausschnitte und geschmackvolle Zwischentitel sorgen. Ich
hätte übrigens nichts dagegen, mir eine einzelne Routine in Ruhe ansehen zu
dürfen, anstatt alle fünf Sekunden per Zwischenschnitt eine andere magische Sau
durchs Dorf getrieben zu bekommen! Manchmal sieht man jedoch gar nichts, weil
der Link nicht funktioniert – vielleicht zum Glück… Und betrachten Sie sich
Ihre Produktionen selbstkritisch: Reihenweise wird man mit Kleidungsstücken
konfrontiert, welche wahlweise auf die Kirmes, den Kinderfasching oder in die
Caritas-Sammlung gehören!
Ich
liebe klar aufgebaute Webseiten, auf
denen ich mich schnell zurechtfinde – und hier müssen Sie Ihren Webdesigner
eventuell bremsen, auf dass er Ihnen nicht zu viel Schnickschnack einarbeite!
Mir macht es keinen Spaß , darauf zu warten, bis sich eine Titelseite (manchmal
noch unter großem akustischen Getöse) stückweise aufbaut, angeklickte Fotos
nach Drehen und Wenden endlich hochzoomen oder „originelle“ Links verwendet
werden, welche ich erst nach längerem Suchen entdecke. „Einfach“ und „schön“
muss keinen Widerspruch darstellen – im Gegenteil!
Das
Motto „KISS“ („keep it simple stupid“)
gilt noch mehr für Ihre Texte: Fassen Sie sich im Zweifel lieber kürzer und
stellen Sie Ihr Angebot, Ihre Art zu zaubern in einfachen Worten vor. Vermeiden
Sie es, den Interessenten Wertungen
aufzunötigen, welche diese selber treffen müssen („dann sind Sie bei mir richtig“). Allzu penetrante
Selbstbeweihräucherung („kommen Sie,
treten Sie näher, staunen Sie, die Weltsensation, nur noch heute“) klingt
nach Jahrmarktsansager oder „billiger Jakob“.
Besonders
furchtbar wird es, wenn sich der Künstler per „Aufschneider-Denglisch“ bemüht, seine „internationale Bedeutung“
herauszustellen. Fundstück auf einer Website: Ein „Master Magician“ - Entertainer - Consultant“ bietet „Great Illusions - Stage Entertainment - Showproductions
- Production Services“ und preist seine „all
inklusive Angebote“ einschließlich eines „Full Service Package“ an. In einem anderen Fall nennt sich ein
Programmangebot „Illusionen & Las
Vegas“: Bei näherem Hinsehen wird allerdings lediglich ein „Las Vegas-Style“ versprochen – und dies
noch in falschem Deutsch („ein
großartiger Magiershow mit Höhepunkt für Ihr Event“).
Bemühen
Sie sich um eine stilistisch gute
Sprache! Besonders öde wirken Wortwiederholungen: Wenn sich (wie auf einer
Website gesehen) auf neun Zeilen der Begriff „Zauberer“ in Varianten neunmal
findet, mag dies auf die Treffer bei Suchmaschinen zielen. Nur – was nützt es,
wenn man eine solche Website zwar schnell findet, einen das Wortgeklingel
jedoch nachhaltig davon abschreckt, sich näher damit zu befassen?
Insgesamt
hat es mich sehr erstaunt, kaum eine Website ohne Mängel in Orthografie und Interpunktion zu finden: Groß- und
Kleinschreibung werden sehr oft „kreativ“ eingesetzt, Satzzeichen intuitiv
über den Text verstreut, ja, schlimmer noch, auch einfachere Wörter wie „Puplikum“ oder „Fotogallerie“ müssen dran glauben! Heraus kommen dann schmelzende
Erkenntnisse wie „Ein KÜNSTLER ist nicht
nur ein Maler, Bildhauer oder der gleichen, nein Er ist auch ein MAGIER! (…) Man
kann auch ein ZAUBERKÜNSTLER als einen ENTERTAINER bezeichnen.“ Mein
dringender Rat: Lassen Sie Ihre Texte von einem guten (!) Journalisten oder
Germanisten bearbeiten, koste es, was es wolle! Es gibt Kunden, die solche
Fehler bemerken – und vielleicht wären gerade die wichtig für Ihre Arbeit. Wie Harlan Tarbell so richtig erkannte: "Die Leute zahlen für Niveau."
Wenn
Sie dann Ihre tolle Website haben: Halten Sie diese aktuell! Es wirkt nicht sehr überzeugend, wenn die Terminliste im
Jahr 2011 endet oder am Start der Hinweis prangt: „In der Zeit vom 21.4.08 bis 30.4.08 wird diese Seite überarbeitet.“ (aktuelles
Fundstück!)
Und
warum meiden die Zauberkünstler öffentliche Informationen über ihre Gagen wie der Teufel das Weihwasser? Natürlich
wird das konkrete Honorar von verschiedenen Umständen des Einzelfalls abhängen,
der Kunde sollte jedoch vorab erfahren, was der Künstler hierbei einrechnet und
in welchem finanziellen Rahmen sich dies bewegt, um sich unnötige Kontakte zu
ersparen.
Ich
finde es sehr schade, dass wir Zauberkünstler uns oft auf der Angebotsseite
bekriegen (Wegschnappen von Aufträgen, Neiddebatten über Honorare, „Profis“
kontra Amateure), das Thema Nachfrage
jedoch ignorieren: Es gäbe viel mehr Interessenten und Buchungen, wenn wir das
Image der Zauberkunst vom „Hüpfburgengeruch“ befreien könnten. Im digitalen
Zeitalter gehört dazu ein ansprechender Internetauftritt.
P.S.
Schleichwerbung: Bei der Suche nach einer guten Illustratorin könnte ich Ihnen
behilflich sein! www.tangofish.de
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