Es
gibt in der Magie (wie wohl auch in anderen Bereichen) Schlagworte, welche gut
klingen und daher – ziemlich unhinterfragt – ständig den Benutzer wechseln und
so aus dem Vokabular kaum mehr wegzudenken sind. Einer meiner derartigen Lieblingsbegriffe
lautet „Profi“, was ja
„professioneller Zauberkünstler“ (alias „Berufszauberer“ etc.) heißen soll.
Solche
Bezeichnungen werden stets mit stolzem Blick auf die eigene Bedeutung
verwendet: Auf der Internetseite www.allesklar.de findet man zirka 250
„professionelle Zauberer“, während
es ganze 16 Kollegen wagen, sich als „Hobby-Zauberer“
zu bezeichnen (etliche ordnen sich dafür gar neben Siegfried, Roy & Co.
unter „berühmte Zauberer“ ein…). Da fällt es einem schon schwer, keine Satire
zu verfassen: Deutschland quillt offenbar über von ruhmreichen Berufsmagiern,
während die „Amateure“ ein Schattendasein fristen… Die dahinter stehende
Aussage ist natürlich klar: Was man beruflich betreibt – ob nun Zaubern, Bau
von Großflughäfen oder unterirdischen Bahnhöfen – kann man sicherlich viel
besser als einer, der nur einem Hobby nachgeht, na eben!
Wie
soll man den schillernden Begriff „Profi“ definieren? Ist es einer, der
ausschließlich von der magischen
Betätigung leben kann? So gesehen dürfte es hierzulande nur sehr wenige
Beispiele geben (wenn überhaupt). Unsere uralte Kunst ist derzeit kaum
angesagt, gilt als altmodisch und verstaubt, vom Niveau her irgendwo zwischen
Kinderfest, Hüpfburg und Würstlgrill angesiedelt. Im Selbstbild der
Szene und den Angeboten von Zauberhändlern hat man oft den Eindruck, man habe
das Verschwinden der „alten Varietéherrlichkeit“ nicht mitbekommen, wo elegante
Herren im Frack sich auf großen Bühnen tummelten. Die Realität sieht anders
aus: Vereinsfeier, Nebenzimmer und ein Dutzend Kollegen, welche sich selbst um
so einen Gig noch raufen…
Zudem
ist es ein fragliches künstlerisches
Qualitätsmerkmal, für eine Leistung genügend Geld zu erhalten, um davon
leben zu können (siehe diverse Repräsentanten der populären Musik). Sagt dies
beispielsweise etwas über die Intensität des Übens, die Gewissenhaftigkeit der
Vorbereitung aus? Vielleicht hat hierzu ein Amateur mehr Zeit und muss diese
nicht mit Agenturverträgen, Hotelbuchungen, Zollformalitäten und
Steuererklärungen vertun. Interessanter wäre da schon die Zahl der Auftritte
und das damit verbundene Sammeln von Erfahrungen. Doch hierüber schweigt man
sich oft auch auf Webseiten aus, welche ansonsten „hoch professionelle“
Ansprüche erheben. Und keinesfalls ist es ein Ausweis hohen Könnens, sich per „Aufschneider-Denglisch“ und „internationalem Las Vegas-Gedudel“
gefühlt von der breiten Masse dilettierender „Amateure“ abzusetzen und das
Attribut „Profi“ quasi als Kampfparole
zu missbrauchen! Ich hoffe im Gegenteil, dass auch Menschen, welche außer der
Zauberkunst keinem anderen Beruf nachgehen (können), sich die Liebe zu dieser
Betätigung erhalten haben, also im Wortsinne „Amateure“ geblieben sind.
Daher bin ich der
festen Überzeugung, dass es rein gar nichts über den künstlerischen Wert einer
Zauberdarbietung aussagt, womit der Auftretende seinen Lebensunterhalt
bestreitet,
mithin die pekuniäre Unterscheidung zwischen Profi- und Hobbyzauberer lediglich
das Finanzamt interessiert. Ganz schlimm finde ich die notorischen Klagen von
„Profis“, die Amateure würden ihnen mit Dumpingpreisen das Geschäft verderben. Interessiert
es einen José Carreras, wenn ich bei einer Vereinsfeier für eine Flasche Wein
plus einen Blumenstrauß auch mal „O sole
mio“ schmettere? Doch im Gegensatz zum Belcanto ist in unserer Branche halt
die Nachfrage lausig – hieran sollte man durch Qualitätssteigerung arbeiten,
statt einander auf der Angebotsseite zu bekriegen! Ich jedenfalls neide keinem
Kollegen einen Auftrag – allerdings hoffe und bete ich, dass er es gut genug
macht, damit der Veranstalter von der Zauberei
als Kunstform überzeugt ist und bald wieder einen Magier buchen wird.
Wenn
der Titelbegriff einen Sinn macht, so diesen: Falls man außerhalb des Familien-
und Bekanntenkreises zaubert (dann in der Regel für Geld, wie wenig auch
immer), sollte man professionell
arbeiten. Dies beginnt mit einer gut
gemachten Werbung (Flyer, Internetauftritt – siehe meinen vorherigen
Beitrag) und setzt eine absolute Gründlichkeit
im Vorfeld voraus. Mit einem kurzen Telefonat ist es nicht getan; man muss
hierbei schon einen klaren Ablauf mit Angebot, evtl. Ortsbesichtigung, Vertrag
etc. parat haben, den Veranstalter kompetent beraten, Angebote rechtzeitig verschicken
usw. Wenn die Planung schlampig
und/oder unrealistisch ist, kommen oft genug Auftritte heraus, bei denen man
das Chaos gerade noch so in den Griff kriegt. Wenn Sie hinterher das Gefühl
haben, es hätte besser laufen können, war Ihre Arbeit nicht professionell. Und:
Man muss den Mut haben, eine Darbietung
auch einmal abzusagen, wenn man (spätestens vor Ort) erkennt, dass sie das
Image der Magie weiter ramponieren würde.
Viele
von uns sind „Jäger und Sammler“,
bietet doch der magische „Insidermarkt“ (Zirkelsitzungen, Seminare, Kongresse
und vor allem Zauberhändler) stets eine Fülle von „Neuheiten“. Ob wir die alle
haben müssen (und ob sie denn so neu sind), können wir – in Abstimmung mit
unserem Geldbeutel – sicherlich individuell entscheiden. Nur: In professionelle Vorstellungen gehören
diese Effekte noch lange nicht! Nach meinen Erfahrungen müssen Sie ein
Kunststück mindestens ein paar Dutzend Mal unter „harten“ Bedingungen zeigen, bevor
Sie halbwegs die feineren Nuancen, den Rhythmus, das Timing zu Text bzw. Musik
hinbekommen – und so richtig gut wird es dann ab einer dreistelligen Zahl von
Einsätzen. Daher bringe ich pro Auftritt höchstens einen Effekt aus der Kategorie „halbfertig“ (gut versteckt im
Mittelteil).
Weiterhin
müssen wir den Unterschied zwischen Vorstellungen
für Kollegen und Laien sehen. Wenn Sie bei einem Zauberwettbewerb das Chinesische
Ringspiel zeigen würden (wie gut auch immer), wird dies den Anfang Ihrer Vereinsamung
in der Szene markieren: Alter Hut, kennt jeder. Für „normale“ Zuschauer
hingegen ist es neu (schon deshalb, weil sie vielleicht ihre letzte
Zauberdarbietung vor 40 Jahren im Kindergarten erlebt haben…). Mir wurde am
Anfang meiner „Karriere“ von „Experten“ dringend davon abgeraten, die „ausgeleierten
Ringe“ zu zeigen – zum Glück habe ich mich nicht daran gehalten! Bis heute habe
ich diese Routine (von Dai Vernon) über 700 Mal vorgeführt, und es war wohl in
vielen Fällen der Grund für Reengagements: „Sie
zeigen doch wieder Ihre Ringe, die wollen wir unbedingt nochmal sehen!“
Wir
sollten uns einmal klar machen, dass „Klassiker“
sich über Jahrhunderte oder sogar Jahrtausende gehalten haben, weil sie zeitlos
gut sind, zu immer wieder neuen Varianten herausfordern und somit vielseitig
einsetzbar sind. Ob dies auch die „Sensation“ vom letzten Kongress schafft,
wissen wir frühestens im Jahr 2500. Professionell arbeiten heißt für mich, mich
lieber monatelang mit einem Kunststück zu befassen, anstatt ständig halbgare
Neuheiten „irgendwie“ vorzuführen. Und zudem kümmere ich mich mehr um das „Drumherum“ von Bühnenkleidung und
Musikanlage bis hin zu optimalen Verpackungs- und Transportmöglichkeiten.
Probleme auf diesen Gebieten sorgen nämlich häufig dafür, dass ein Auftritt „unprofessionell“
erscheint – selbst wenn die geplanten Tricks noch so toll hätten wirken können.
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