Montag, 2. März 2015

Und was kostet das?



Die folgende (etwas bearbeitete) Leseprobe stammt aus meinem Buch "Zaubern - das Wie entscheidet!" (Näheres hierzu weiter unten bzw. auf meiner Website!)

Eines gleich vorweg: Zur Höhe des Honorars werden Sie generell Kritik ernten – ob Sie nun viel oder wenig verlangen!

Zahlreiche Auftraggeber ermitteln Ihren Stundenlohn, indem sie Ihre Gage durch die Auftrittszeit dividieren: „Hundert Euro für eine Dreiviertelstunde?“ (Das ergäbe zirka 130 € pro Stunde!) In diesen Fällen kann man durch eine entsprechende Gegenrechnung zum Gesamtaufwand gelegentlich für etwas mehr Realismus sorgen: „Die Anfahrt dauert zirka 45 Minuten, nehme ich an? Also, inklusive Vorbereitung, Packen, An- und Abreise, Auf- und Abbau bei Ihnen, natürlich plus Auftritt, rechne ich mit ungefähr vier bis fünf Arbeitsstunden. Dafür würde ich, alles inklusive, hundert Euro bekommen.“ So errechnen sich nunmehr, unter Berücksichtigung Ihrer wahren Arbeitszeit, nicht viel mehr als 20 Euro pro Stunde – und dafür kommt kein Handwerker ins Haus!

Schlimmer noch finde ich die Anwürfe von Kollegen, die sich meist als „Profis“ bezeichnen und argumentieren, Amateure würden ihnen mit „Dumpingpreisen“ das Geschäft ruinieren. Nun kann man zur Kalkulation eines Beruflers eine ungefähre Rechnung aufmachen: Er bräuchte nach meiner Schätzung monatlich einen Umsatz von 4000 Euro, um mit knapp der Hälfte netto einigermaßen ordentlich über die Runden zu kommen. Die eigenen Aufwendungen sind erheblich: Kleidung, Requisiten, Bühnendekoration, Werbung und vor allem Fahrt- und Übernachtungskosten. Den Rest kriegt das Finanzamt, die Kranken- plus Sozialversicherung und eventuell die GEMA bzw. das Management. Wenn wir einmal von zehn Auftritten pro Monat ausgehen, muss er also im Schnitt pro Buchung 400 Euro verlangen, um nicht in Hartz IV-Nähe zu geraten. Aber bekommt er überhaupt die 120 Engagements jährlich? Dann müsste er aber wirklich alles annehmen, auch weit entfernte Auftritte (d.h. wieder hohe Fahrt- und Hotelkosten), oder spezielle Aufträge, wie zum Beispiel Kreuzfahrten. Der Markt ist klein, denn Zaubern liegt derzeit nicht im Trend – und hinter den paar lohnenden „Gigs“ mit Honoraren im vierstelligen Bereich sind viele her wie der Teufel hinter der armen Seele. Die Folge ist heftigster Konkurrenzneid – und bei Ihnen trifft früher oder später die E-Mail eines „Profis“ ein, in der Sie aufgefordert werden, ihm nicht die Preise zu verderben und daher das Schwingen des Zauberstabs auf das eigene Wohnzimmer zu beschränken…

Wenn wir den Vergleich mit Sängern ziehen, wird die Absurdität dieser Argumentation unübersehbar: Juckt es einen José Carreras, wenn ich bei einer Vereinsfeier für die Gegenleistung einer Flasche Wein und eines Blumenstraußes auch einmal „O sole mio“ schmettere? Das Elend unserer Branche besteht eben darin, dass es selbst für die Besten kaum große Auftrittsmöglichkeiten gibt – während Tenöre sich immerhin in zahlreichen Opern- und Konzerthäusern, im Fernsehen bzw. auf Festivals tummeln können und Tonträger verkaufen. Doch selbst in diesem Bereich lassen wir uns viel zu sehr von den Spitzengagen weniger Stars beeindrucken: Kunst wird hierzulande lausig bezahlt! Statistiken belegen eindrucksvoll, dass die erdrückende Mehrheit aller Künstler am Rande des Existenzminimums dahinvegetiert – und dies gilt insbesondere für die „Artistensparte“: Seiltänzer, Jongleure, Feuerschlucker, Zauberkünstler… Während wir dem Schlüsseldienst klaglos 200 Euro und mehr für eine Türöffnung binnen zehn Minuten hinblättern, sind solche Beträge für den Zauberauftritt bei einer Familienfeier schon schwer durchsetzbar. Der Grund ist offensichtlich: Ohne den Handwerker kommen wir nicht mehr in die eigene Wohnung – ohne den Magier schon (und die Entfesselung aus Ketten und Schlössern kann der nur in der Vorstellung…).

Auch wenn ich mir damit den Hass der gesamten Szene zuziehe: Die meisten Zauberkünstler, die sich als „Profis“ bezeichnen, sind, wirtschaftlich gesehen, keine! Sie haben praktisch alle zumindest noch ein zweites „Standbein“ – im günstigsten Fall durch den Verkauf von Büchern plus Requisiten, ansonsten vielleicht als Versicherungsvertreter oder durch Vermietung des geerbten Hauses. Ich kann daher nur jedem raten, der Geisterdebatte „Amateure kontra Berufszauberer“ hinsichtlich der Bezahlung keine Beachtung zu schenken. (In eine ganz andere Kategorie gehört die Frage des „professionellen Arbeitens“, siehe meinen vorherigen Beitrag). Und vielleicht darf ich wenigstens zart auf das Kriterium der künstlerischen Qualität hinweisen: Wer das dreifache Honorar will, sollte halt zumindest doppelt so gut sein…

Auf der anderen Seite wird man von Kunden immer wieder gedrängt, angesichts ihrer ganz speziellen und unvergleichlichen Situation doch bitteschön gratis (oder jedenfalls zu einem „Freundschaftspreis“) aufzutreten. Meine dringende Empfehlung: Begrenzen Sie dies auf den engsten Familien- und Freundeskreis! Ich habe mich lange Zeit viel zu oft auf solche „Deals“ eingelassen und weiß daher: Es bringt nichts. Weder werden Sie in solchen Fällen gemeinhin besonders freundlich oder respektvoll behandelt noch spüren Sie eine Dankbarkeit beispielsweise hinsichtlich Weiterempfehlungen – und wenn, dann möchten diese Interessenten natürlich ebenfalls „Zauberei für lau“! Eher werden Sie in solchen Fällen mit der Einstellung konfrontiert: „Was nichts kostet, kann auch nichts sein.“

In einer besonders unverfrorenen Art, an kostenlose Auftritte zu kommen, gehen mehr oder weniger selbst ernannte „Wohltäter“ vor: Die haben beispielsweise einen LKW organisiert, um eigenhändig gesammelte Spielsachen in rumänische Waisenhäuser zu transportieren. Natürlich sollen Sie das Unternehmen bei einem entsprechenden Charity-Event per Gratismagie fördern; dies wird geradezu als selbstverständlich angesehen – oder sind Sie gar charakterlos genug, für solch edle Taten noch schnöden Mammon zu fordern? Selbst wenn Sie die Sinnhaftigkeit und Seriosität von derlei Projekten genügend einschätzen könnten: Kriegen die den Diesel für ihren Transsilvanientripp an der Tankstelle ebenfalls geschenkt? Ach so, die Ölkonzerne dürfen – im Gegensatz zu Ihnen – schon etwas verdienen… Allenfalls werden Spendenquittungen in fast beliebiger Höhe angeboten – aber Vorsicht: Es handelt sich dann juristisch um den „Verzicht auf Erstattung von Aufwendungen“ – fragen Sie lieber vorher Ihren Steuerberater, ob das Finanzamt da mitmacht!

Nochmal: Sie müssen Ihre Bühnenkleidung, Ihr Auto, Benzin, Ihre Tonanlage sowie die Requisiten angemessen bezahlen – und daher sollten Sie nur für ein faires Honorar zaubern! In meinen Moderationen benütze ich gerne den Satz: „Das ist bei Magiern so wie bei Ärzten: Wir kommen zwar manchmal vergeblich, aber nie umsonst!“

Wie hoch sollte Ihr Salär dann sein? Ich lasse mich von der Überlegung leiten, was sowohl dem Gastgeber als auch mir zumutbar ist. Bei Hobbyzauberern stellen die Auftritte meist kein „Einkommen“ dar – rechnen Sie einmal zusammen, was Sie für Ihre Passion so alles ausgeben (Fahrtkosten mit zirka 0,30 Euro pro Kilometer – auch zu Zauberkongressen – nicht vergessen!) bzw. was Sie an Honoraren einnehmen: Eine „Nullbilanz“ ist da schon ein Erfolg! Der Vorteil ist, dass Sie dies nicht versteuern müssen, da es sich abgabenrechtlich um eine „Liebhaberei“ handelt. Ansonsten wären es „Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit“ – und für die gibt es wohl gewisse Freibeträge. Aber erkundigen Sie sich lieber bei Ihrem Steuerberater!

Auf der anderen Seite: Welche Summe müssen Eltern bei einem Kindergeburtstag investieren? Bei den Ansprüchen, die heute zu befriedigen sind (und man will ja nicht weniger bieten als der Nachbar), dürften da schon mindestens hundert Euro zusammenkommen. Ich halte es für nicht übertrieben, wenn man für einen Künstler, der „live“ ins Haus kommt, einen ähnlichen Betrag einrechnet. (Man könnte ja alternativ mit den Kindern ins Kino oder in gar in einen Freizeitpark fahren – was kostet das dann?)

Wie viel bezahle ich bei der Feier meines runden Geburtstags mit fünfzig Gästen in einem Restaurant? Ein hoher dreistelliger Betrag wird da bestimmt fällig. Ist es dann vermessen, ein Drittel (oder wenigstens Viertel) davon für die Vorstellung zu fordern?

Daher staffle ich meine Gage im Wesentlichen nach der Zuschauerzahl. Dazu kommt bei weiteren Entfernungen noch ein „Kilometergeld“. Ich halte es auch für legitim, bei schwierigen Auftrittsbedingungen das Honorar noch etwas aufzustocken. Andererseits gibt es für Reengagements einen Rabatt. Im Gegensatz zu den meisten Kollegen kann man die ungefähren Sätze auf meiner Website nachlesen.

Meiner Erfahrung nach wird bei „Profis“ auch nicht so heiß gegessen wie gekocht. Wenn sie überhaupt Preise nennen, sind die oft überzogen wirkenden Summen „offizielle“ Honorare, die vor allem der Beeindruckung der Konkurrenz dienen. Unter der Hand zaubern die Herrschaften dann schon mal für deutlich weniger: Na klar, für „gute Kunden“, „wichtige Auftraggeber“, „private Anlässe“ und vieles mehr. Aber auch den Trick kenn’ ich…

Fazit: Bei vergleichbaren Anlässen bekomme ich auf die gleiche Honorarauskunft Reaktionen, die von „Also, das ist mir zu teuer“ bis zu „Da verlangen Sie aber zu wenig“ reichen. Daher meine ich, im Schnitt ganz akzeptable Gagen zu fordern. Nach der Vorstellung wird übrigens nie über die zu hohe Bezahlung geklagt. Wenn die Gastgeber erlebt haben, welchen Aufwand man für ihr Geld treibt, erkennen sie doch den Wert der Dienstleistung – und öfters erhält man mehr als vereinbart (allerdings kaum von den wirklich Reichen, sondern eher von „kleinen Leuten“…). 

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