Ich
habe bestimmt großen Respekt vor
jedem, der sich in unserer wahrlich nicht einfachen Kunst versucht. Wer hier
voreilig den Stab über „schlechte
Leistungen“ bricht, sollte es erst einmal selber versuchen: Man schleppt
oft eine dreistellige Zahl von Einzelteilen (inklusive Musikanlage, Mikrofon
und sonstigem Equipment) an den Ort des Geschehens, erhält nicht selten lausige
Auftrittsbedingungen, darf in der Programmgestaltung bei einem Publikum von 5
bis 95 nach der Quadratur des Kreises suchen, mit Text, Handling der
Requisiten, Mimik, Gestik, Publikumskontakt etc. mehrere Spuren parallel
bedienen – und wehe, man leistet sich einen Schnitzer! Während bei einem Amateurmusiker
eine Reihe von falschen Tönen kaum jemandem auffällt, wird in der Zauberei
öfters das ganze Geheimnis enttarnt:
Ach, soo einfach ist das – Pfui plus Schimpf und Schande…
Weiterhin
ist mir klar, dass Zauberkünstler oft genug Einzelkämpfer sind. Duos (wie Siegfried & Roy) oder gar größere
Ensembles sind die Ausnahme – schon, da es für diese, bei entsprechend
bescheidenen Gagen, wenig Auftrittsmöglichkeiten gibt: Einer reicht ja – wieso
sollten Veranstalter da noch einen Aufpreis für mehrere Künstler hinlegen? Wenn
man solistisch arbeitet, gerät man fast automatisch in Gefahr, die eigene
Darbietung für unvergleichlich, sich
selber für den Größten zu halten – die sozialen Talente verkümmern. Gehört
man nicht zur Spezies der vorwiegenden „Tricksammler“, welche eher den
monatlichen Clubabend als den Auftritt vor Publikum suchen, muss man sich vor
allem um die eigenen Engagements mit
allem Drum und Dran kümmern. Das macht einsam.
Mich
stört es auch nicht, dass viele Magier erkennbar „verrückt“ sind – wären sie es
nicht, würden sie sich eine „vernünftigere“ Beschäftigung suchen. Etwas
übertrieben könnte man sagen: Wer keinen
an der Klatsche hat, zaubert auch nicht. Warum ich selber in fast dreißig
Jahren nur wenige Kontakte zur „Szene“ hatte, nicht in irgendwelche
Zaubervereine eintrat, hat damit nichts zu tun. Und mit einigen Kollegen ergab
sich auch eine umso fruchtbarere private Zusammenarbeit. Solche Menschen
allerdings muss man lange suchen – während sich einem im Zaubermilieu fast
automatisch bestimmte Persönlichkeitsstrukturen aufdrängen, welche mich
nachhaltig von engeren Beziehungen abgehalten haben. Die eigenen Ideen
diskutieren kann man mit bestimmten Magiertypen jedenfalls nicht!
Nachdem
ich also viele Jahre die „Szene“ völlig unbeachtet ließ, meldete ich mich
kürzlich – man möchte ja auch ein wenig Werbung für sein Buch machen – in
einigen Zauberforen im Internet an
und machte dort … nein, keine offensichtliche PR, sondern äußerte brav zu
verschiedenen, mir wichtig erscheinenden Themen („Threads“) meine Ansichten.
Weiterhin bat ich jeden Käufer meines Werkes um ein Feedback. Neben durchaus
freundlichen und konstruktiven Reaktionen musste ich aber hinsichtlich der
Kollegensorten, die mich schon vor Jahren aus dem Zaubermilieu vertrieben hatten,
feststellen:
Ist alles noch da!
Nach
meinen Erfahrungen lassen sich die Zeitgenossen, welche mir das soziale
Miteinander so schwer machen, durchaus – zumindest in satirischer Weise –
typisieren, als da wären:
Der Ich-Erzähler
Ich
hatte schon Zauberkünstler am Telefon, die mir nach der einleitenden Frage
hinsichtlich meines Befindens eine geschlagene Stunde ausschließlich die Ohren
mit ihren „tollen, neuen Ideen“
volldröhnten. Selber kam ich zu kaum einem Satz (außer Antworten wie „aha“, „toll“ oder „nein, kenne ich
nicht“). Sicherlich spielt hier der angestaute Vokabelsee eine Rolle, da
man Laien ja schlecht in die Zaubergeheimnisse einbeziehen kann. Also schnappt
man sich den erstbesten Kollegen, um ihn mit einer verbalen Diarrhö zu erfreuen. Dass man selber dabei natürlich stets
der Held ist, dem solch geniale
Ideen einfallen, bleibt unvermeidlich. Schön ist dann gelegentlich der
Abschluss eines solchen Gesprächs: „Und
du? Zauberst du auch noch?“ Äh ja, doch, schon…
Auch
von Buchlesern bekam ich Briefe mit der Einleitung: „Sie hatten ja um ein Feedback zu ihrem Werk gebeten. Hat mir ganz gut
gefallen. Also, ich mache das ja
so…“ (Muss ich noch erwähnen, dass es auf den restlichen zwei Seiten
lediglich um die Beschreibung von Routinen und Auftritten des Verfassers ging?)
Der „ewig Morgige“
Der
Begriff stammt vom Kabarettisten Werner Schneyder, welcher einmal sagte, die
frühere DDR habe damit ein Pendant zum „ewig Gestrigen“ geschaffen. Auch bei
diesem Typus dominiert eindeutig die Schilderung der eigenen Ideen, allerdings
ist diese nicht auf die Vergangenheit gerichtet. Fragen Sie ihn daher nie nach
Kunststücken, welche er schon einmal (und gar erst vor Publikum) gezeigt hat!
Für die Zukunft jedoch wird der alsbaldige Durchbruch in den magischen Olymp
angekündigt – wenn man erst einmal die momentane, selbstredend völlig
revolutionäre Idee umgesetzt habe.
Tipp: Machen Sie sich den Spaß, nach einiger Zeit einmal nachzufragen, was aus dem bahnbrechenden Projekt, dem ultimativen Requisit geworden sei! Ich habe hierzu schon tränentreibende Antworten erhalten wie „Du, ich hab‘s mal in einer Vorstellung getestet, leider hat der Heißkleber nicht gehalten. Aber das ist noch gar nichts! Zur Zeit arbeite ich an folgender Idee…“
Tipp: Machen Sie sich den Spaß, nach einiger Zeit einmal nachzufragen, was aus dem bahnbrechenden Projekt, dem ultimativen Requisit geworden sei! Ich habe hierzu schon tränentreibende Antworten erhalten wie „Du, ich hab‘s mal in einer Vorstellung getestet, leider hat der Heißkleber nicht gehalten. Aber das ist noch gar nichts! Zur Zeit arbeite ich an folgender Idee…“
Anekdote: Zu meiner Tanzschulzeit musizierte bei den Abschlussbällen stets eine
Combo älterer Herren in dunkelblauen Glitzerjacketts. Als wir die Band einmal
fragten, ob sie auch einen Pasodoble spielen könnten, erwiderte der greise
Chef: „Nein, leider, wir sind noch im Aufbau.“
Der Exklusive
Er
gibt sich stets den Anschein, in magischen Welten zu wandeln, welchem dem „Otto
Normaltrickser“ verborgen bleiben. Auf nähere Nachfrage kommt gerne die
Antwort, dass er sich von kretinösen Zauberstabschwingern umgeben sähe, welche
das Image unserer schönen Kunst auf den Nullpunkt brächten. Daher bleibe nur
der Rückzug in illustre, aber von der Öffentlichkeit abgeschottete Privatzirkel,
wo man der „wahren Zauberei“ fröne.
Kennzeichnend
ist auch die ständige Fragerei, ob man diese oder jene Berühmtheit oder Show
kenne. Es scheint so, als ob man fremden Ruhm brauche, um ihn auf die eigene
Persönlichkeit zu lenken.
Test:
Fragen Sie solche Individuen, wann und wo man denn solch hehre Kunst einmal
bestaunen dürfe. Sie erleben dann ein majestätisches Abtauchen, gegen das „Moby Dick“ sich auf Qietscheentchen-Niveau
reduziert!
Selbstredend
sehen sich diese Kollegen stets als „Berufszauberer“, welche vor erlauchtem
Kreis und zu Höchstgagen aufträten. Lustiges Forum-Fundstück: „Lieber zaubere ich einmal für tausend Euro
statt zehnmal für hundert.“ Man möchte hinzufügen: „Oder gar nie für eine Million…“
Letztlich
verbergen sich hinter der imposanten Fassade oft genug frustrierte und
gebrochene Kollegen, welche die Kluft zwischen der eigenen Anspruchshaltung und
der traurigen Realität, sich mit meist bescheidenen Gigs abgeben zu müssen,
längst nicht mehr überwinden können. Also flüchtet man sich in abstruse
Machtfantasien sowie Verschwörungstheorien, was bei mir manchmal schon ein
ziemliches Schaudern hervorruft.
Der Reviermarkierer
Das
Gute an ihm besteht darin, dass er mit sich selber völlig im Reinen ist. Gerne
treibt er sich flächendeckend in einschlägigen Foren des Internets herum und
beobachtet akribisch die Veränderungen der Szene. Wenn dort neu auftauchende
Mitglieder die erste bescheidene Meinungsäußerung wagen, taucht er sofort auf
wie der Schachtelteufel und bekennt umgehend, dass er da aber ganz anderer
Ansicht sei – und diese zähle, weil er mit allumfassender Kompetenz ausgestattet
sei und daher sowieso alles besser wisse.
Sachliche
Fragen allerdings beschäftigen ihn nie lange, da sie ihm ja nur den Vorwand bieten,
sich einen Hahnenkampf mit dem neuen Rivalen zu liefern. Beliebte Stilmittel
sind zarte Andeutungen, es gebe da ja immer noch Kollegen, welche zu der einen
oder anderen verschrobenen Ansicht neigten, etwas immer noch nicht kapiert
hätten und selbstredend in der eigenen Arbeit wohl nur Murks ablieferten.
Psychologisch
kennzeichnend ist die ständige Projektion eigener Charaktereigenschaften auf
andere: Da sich der Revierpinkler selbst sehr wichtig nimmt, wirft er dies gerne
den widerborstigen Kollegen vor. Ob er nun – laut eigenem Mantra – selber wirklich
nie Probleme hat, ist daher eher zweifelhaft.
Häufig
findet man solche Individuen in Kreisen mit abgegrenzten, genau bestimmten
Machtstrukturen wie Zaubervereinen. Hat man dort erst einmal eine führende
Position errungen, erübrigen sich lästige Fragen nach dem Erfolg der eigenen
Kunst. Man hat nun die höhere Ebene der Bescheidwisserschaft erklommen und
titelmäßigen Status erreicht – und für jeden Eunuchen ist es ja tröstlich,
wenigstens zu wissen, wie’s geht.
Auch
bei meiner anderen Passion, dem Tanzen, gibt es übrigens ganz vergleichbare
Entwicklungen. In Tanzsportclubs beispielsweise tritt ab einer gewissen Zeit
der Mitgliedschaft regelmäßig eine Trennung ein: Wer gut tanzen kann, fährt auf
Turniere, wer nicht, geht in den Vorstand.
P.S.
Man darf nie aus den Augen verlieren, dass die geschilderten Charaktere eine
Minderheit innerhalb der großen Zahl netter, hilfsbereiter Kollegen darstellen.
Warum es manchmal anders erscheint, liegt an der Perspektive: Manche Typen
gehen einem halt nicht von der Pelle…
Weitere Infos: www.forum-der-magie.com
Offenbar geht es einigen Mitgliedern des genannten Forums nicht um die Sache, sondern um persönliche Herabsetzungen. Zu welchem Thema ich mich auch immer äußerte - stets tauchten dort die selben Zeitgenossen auf, um mich persönlich "anzumachen".
AntwortenLöschenIch habe daher vorhin die Administratoren gebeten, meinen Account zu deaktivieren.
Offenbar hat sich in der Zauberszene in den letzten 25 Jahren nichts geändert. Ich bin daher sehr froh, diese lange Zeit in meine eigenen Auftritte anstatt in Debatten mit solchen Zeitgenossen investiert zu haben.