Donnerstag, 3. Dezember 2015

Zwei Tage im Advent



Seit Wochen schon stand das „magische Großkampfereignis“ an: zwei längere Auftritte beim Weihnachtsmarkt einer Weltfirma!

Ein Foto aus früheren Tagen zeigte zwar eine eher kleine, aber wenigstens überdachte Bühne – immerhin mit Beleuchtung plus Tonanlage inklusive Funkmikrofon. Garderobe? Die Vorbereitungen musste ich halt irgendwie im Auto oder hinter der Deckung meiner Zauberkiste hinkriegen. Und seit Tagen war schlechtes Wetter angesagt…

Eine Stunde vor dem ersten Auftritt würden wir erscheinen, so hatten wir avisiert, und dann eine Einweisung des Organisators benötigen. Pünktliche Ankunft bei leichtem Nieselregen und Schneetreiben. Der Markt wenig besucht, die Bühne vollgestellt mit allerlei Gerümpel, nassgeregnet und halb angefroren, von der versprochenen Technik nichts greifbar – und auf der Firmenseite niemand zu sehen. Eine Ankündigung unserer Vorstellungen? Die Budenbesitzer wussten von nichts.

Schließlich trieben wir zwei Azubis auf: Zauberei? Keine Ahnung! Ob sie wohl mal den Bühnenboden wischen sollten? Ach ja, gute Idee… Weitere Kontaktversuche mit dem Firmenvertreter landeten auf dessen Mailbox. Endlich richtete man uns aus: Er werde in 15 Minuten da sein.

Ich ließ unser Gepäck vorsichtshalber im Wagen, und nach weiteren 20 Minuten Einsamkeit verließen wir das imposante Gelände der Weltfirma – vorbei an einem großen Veranstaltungsforum, auf dem schon Weltstars aufgetreten waren. Na gut, gehören wir halt nicht dazu…

Später firmenseits Kontakte per Handy und Mail mit den üblichen „könnte, hätte, würde“-Wortschatz. Interessierte mich nicht mehr – und schon gar nicht das uns als Verpflegung zugedachte „exklusive Menü“. Ich möchte beim Zaubern an meine eigenen Grenzen gehen statt unter denen anderer zu leiden.

Am Sonntagnachmittag dann eine „Mugge“ mit meinen beiden Musikerinnen: zaubernde Moderation adventlicher Klänge bei einer Organisation mit Klientel eher im Seniorensegment: Dorfgasthaus, statt Garderobe ein Tisch im hintersten Bereich.

Anders als bei dem Großunternehmen tippte mir der Veranstalter schon dreißig Sekunden nach meinem Eintreffen auf die Schulter: Herzliche Begrüßung – ob denn alles in Ordnung sei? Die Gage übergab er mir gleich, natürlich gegen Unterschriften auf hochwichtigen Formularen.

Das Konzert nicht ganz stressfrei – der Platzmangel zwang mich zu etlichen Pirouetten zwischen Stühlen und Faltwand: Nur nichts vergessen, schließlich war es ein völlig neues, auf die Musikwünsche des Organisators zugeschnittenes Programm.

Nach einer Stunde herzlicher Applaus mit der dringenden Bitte um eine Zugabe: Meine Musikerinnen hatten mich mit größter Sicherheit durch das Programm getragen und einige Schnitzer von mir souverän verdeckt. Dann in Windeseile einpacken – die beiden Damen hatten am Abend noch ein Adventskonzert zu spielen. Dabei blieb mir die dankbare Rolle des Zuhörers.

Abends in der örtlichen Dorfkirche: Ein wunderschön aufgebautes „Bühnenbild“, der Ablauf ein perfektes Zusammenspiel von Kirchenchor, Instrumentalisten sowie dem Pfarrer als Vorleser stimmungsvoller, aber nicht kitschiger Weihnachtsgeschichten.

Schon der Einmarsch des Chors mit Kerzen in den Händen und zu einer getragenen Musik war so zauberhaft wie der Rest des fast anderthalbstündigen Programms. Alles hundertmal geübt und dennoch wie neu! Am Schluss standing ovations und Besucher, denen noch draußen vor der Kirche die Ergriffenheit anzumerken war.

Das Geheimnis: Die Mitwirkenden kennen einander schon seit vielen Jahren und arbeiten völlig selbstlos zusammen. Podeste für den Chor beispielsweise? Kein Problem, einer der Sänger ist Schreiner und macht sie halt „so nebenher“ selber!

Auf dem Weg zum Auto fiel mir ein Satz ein, mit dem der Vertreter der Weltfirma einen Tag zuvor sein Zuspätkommen gerechtfertigt hatte: Die „Arbeitszeitgesetze“ hätten ihm einen früheren Dienstantritt verboten.

Wie viele Welten doch zwischen zwei Tagen liegen können!

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