Schon
die Location, welche die beiden Münchner Magier Alexander Krist und Christian
Münch seit 2012 bespielen, dürfte ziemlich einmalig sein: Edles
Ambiente im Kontrast zum Wirtshaus-Nebenzimmer, in welchem die Zauberei heute
ja oft einen traurigen Rückzugsort zugewiesen bekommt. Alles hat Stil – vom eleganten
Foyer bis zum „Table Magic Theater“, wo man von fünf aufsteigenden Stuhlreihen
beste Sicht auf den großen Tisch hat, auf dem sich die meisten Wunder
abspielen. Bühnen-Management, Beleuchtungsanlage, Tontechnik – alles vom Feinsten
und absolut professionell gehandhabt.
Zu
sehen gab es gestern das Programm von Alexander Krist: „MAGIE – live und hautnah 2“.
Schon der Opener weist in die Richtung der eleganten „Salonmagie“ eines Johann Hofzinser: Krist philosophiert über Zeit (Armbanduhr) und seine Lieben
(Ehering sowie Foto seiner beiden Töchter). Alle Requisiten verschwinden und
tauchen, da zeitlos wertvoll, natürlich zum Schluss wieder auf. Geschliffene
Texte, zur emotionalen Wirkung öfters mit Musik untermalt – eine ideale
Startrampe, welche das Publikum zum Abheben bringt!
Alexander Krist verfügt über eine
unglaublich professionelle Technik. Seine Kartenroutine stellt eine Ansammlung
von Höchstschwierigkeiten dar, welche ein Amateur nur staunend bewundern kann.
Allein seine Version der „Ambitious Card“,
bei welcher zum Schluss eine Karte mit abgerissenem Index in einem verpackten
Spiel nach oben steigt, katapultierte für mich diesen Klassiker in eine neue
Dimension. Er beschränkt sich nicht darauf, nur eine Karte zu finden – nein, in
13 Sekunden memoriert er scheinbar die exakte Reihenfolge eines vom Zuschauer
gemischten Spiels!
Gekonnt
setzt Krist psychologische Talente
ein, wenn er Gedanken der Gäste errät (Würfel-Augenzahl unter Bechern). In
seiner „Las Vegas“-Nummer, mit welcher er den ersten Teil seiner Vorstellung
beschließt, bietet er alles auf, was in der Mentalmagie gut, schwierig und
teuer ist: ein geniales „Halbfinale“!
Auch
nach der Pause setzen sich die „Kracher“ fort: Besonders in Erinnerung
geblieben ist mir die fulminante Version des Becherspiels. Alexander Krist beweist sich wiederum als exzellenter Manipulator,
dem das Beste nie gut genug ist – so erscheinen als Climax unter drei Bechern
nicht drei Zitronen, sondern selbstredend vier! Einen „gut durchgemischten“
Rubik‘s Cube wirft er mal eben so auf den Tisch – und schon ist er sortiert! Noch wahnsinniger der umgekehrte Effekt: In
einer Dreiviertelminute bekommt er einen Zauberwürfel exakt so hin, wie die
Zuschauer ein anderes Exemplar verdreht haben! Im Finale des Programms zeigt er
eine gigantisch gut durchdachte Version des Klassikers „Karte in Zitrone“ (hier
ist es ein Hühnerei).
Auch
in seiner Persönlichkeit verfügt der Künstler über alles, was einen
Spitzenmagier ausmacht: umwerfenden Charme, gepaart mit großem rhetorischen
Talent und hoher Bühnenpräsenz. Immer wieder gelingt es ihm, den Rhythmus von Zauberei, Begleitmusik
und Text stimmig zu halten (für mich eines der wichtigsten Kriterien in der
Magie).
Sein
Ehrgeiz, der ihn zu solchen Spitzenleistungen führt, hat allerdings auch kleine
Schattenseiten: Streckenweise verliert er sich in der Mentalmagie in zu vielen
Vorhersagen, Kontrollen und Details. Dazu kommt die in der modernen Magie
offenbar unverzichtbare „Beschäftigungstherapie“ fürs Publikum. Ich war sehr
froh, nicht in der ersten Reihe zu sitzen und mich dort mit ständigen „Assistenzaufgaben“
herumschlagen zu müssen. Gerne hätte ich mich öfters zurückgelehnt, anstatt
wegen des Bombardements mit Karten- und Zahlenwerten ständig mein Gehirn
einzuschalten! Warum muss man eine wunderbare Chink a Chink-Routine (zuerst mit
Kronkorken, dann wegen des beruflichen Erfolgs mit Silbermünzen) in einem
solchen Eilzugtempo durchbrettern?
„Keep it simple“ – dieser Ratschlag
unseres Großmeisters Dai Vernon
könnte auch dabei helfen, nicht zu sehr mit Fingerfertigkeit zu prunken. Zeigt
man allzu deutlich, wie geschickt man hierin ist, schwächt das die anschließenden
Wunder eher ab. (Tony Slydini hätte
niemals einen Zauberstab wiederholt akrobatisch durch die Finger wirbeln lassen!)
Außerdem
sollte Alexander Krist aufpassen,
dass er seinem Rollenbild vom „idealen Schwiegersohn“ nicht zu viel Zucker (oder gar
Saccharin) gibt: Beim x-ten Mal wirkt ein strahlendes Lächeln oder eine
entsprechende Gestik dann schon mal manieriert – und die „Hirschhausen
– Philosophie“ vom Glück in mehreren Epilogen dann etwas dick
aufgetragen.
Und
ob man ein Tischprogramm mit der Kubus-Illusion
(assistiert vom herrlich verschrobenen Christian
Münch) beenden muss? Na ja, originell war’s schon, zumal die sichtbare Hand
nochmal schnell den Rubik’s Cube
sortierte…
Diese
kleinen, subjektiven Stirnrunzler meinerseits können jedoch das Gesamturteil
kaum schmälern: Diese Show, ja das ganze Theater, ist eine exzellente Werbung
für die heutzutage so gebeutelte Zauberkunst! Eine Zauberbühne, welche mehrmals
die Woche bespielt wird und fast stets (zu Recht) ausverkauft ist – wo gibt es
das noch?
Was
sicherlich nicht wenig zum Erfolg beiträgt: Das gesamte Team kümmert sich aufopferungsvoll
um seine Gäste – vom freundlichen Empfang über die charmante Bedienung und
Ansprache der Zuschauer bis hin zu mit Namensschildern gekennzeichneten
Plätzen. Und natürlich kann man mit den Künstlern nach Programmende im Foyer
zwanglos plaudern.
Wer
also in der Münchner Gegend wohnt oder einmal dorthin kommt: Unbedingt Plätze
(rechtzeitig!) reservieren, hingehen, staunen und genießen!
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