„Die Kinder können sich ja auf den Boden setzen“
Ob
Sie für den Neujahrsempfang einer Bank
oder ein Kinderfest gebucht werden,
zeigt vor allem der Aufwand, den
der Veranstalter betreibt. Trotz aller vorgeblichen „Kinderfreundlichkeit“
möchte man bei den Kleinen die Bemühungen schon in Grenzen halten: Der Künstler
soll sich halt „irgendwo da vorne“
hinstellen (sei es nun im Gymnastikraum oder Garten) – und das junge Publikum
darf auf Turnmatten, dem nackten Fußboden oder im Gras Platz nehmen.
Wenn Sie sich darauf einlassen, haben Sie für Ihren späteren Absturz bereits eine wichtige Grundlage geschaffen!
Wenn Sie sich darauf einlassen, haben Sie für Ihren späteren Absturz bereits eine wichtige Grundlage geschaffen!
Unbequemes Sitzen wird in jedem Alter
als störend empfunden – und von Kindern wegen der geringeren
Frustrationstoleranz nicht lange ausgehalten. Bald schon macht sich im
Auditorium Unruhe breit – und warum
sollte man auf Gymnastikunterlagen nicht lieber einen Purzelbaum versuchen?
Zudem
ist dieser Bereich nicht fest abgegrenzt,
wodurch eine stetige „Wanderung“ nach vorne einsetzt, bis die Kleinen schon
fast unter Ihrem Zaubertisch ankommen. Daher mein eiserner Grundsatz: Kinder
brauchen feste Sitzplätze, am besten Stühle! Schon bei Bänken besteht
das Risiko, dass ein Gerangel um den individuellen Freiraum beginnt. In einem
solchen Fall muss wenigstens ausreichend Platz
vorhanden sein, damit niemand sich eingeengt fühlt! Bei spärlichen räumlichen
Verhältnissen kann es nötig werden, den „Zauberbereich“
am Boden mit einem Seil, Klebeband oder Kreidestrich per „magische Linie“
abzugrenzen.
Weiterhin
brauchen Ihre jungen Gäste eine gute Sicht auf das Geschehen, weil sie
sonst schnell den Faden verlieren. Mit genügender Bereitschaft zum Umbau kann man fast stets eine
befriedigende Lösung finden – und natürlich sitzen die kleinsten Zuschauer ganz
vorne, Eltern bzw. Betreuer sollten am Rand Platz nehmen (so können sie bei
Problemen auch schnell eingreifen). Denken Sie daran, Ihre Requisiten hoch genug zu platzieren; ab einer
gewissen Gästezahl ist eine Bühne oder ein Podest eine große Hilfe.
Bei
dieser Art von Publikum kann man eine gewisse Unruhe nicht vermeiden, bei
dramatischen Szenen ist diese ja sogar erwünscht! Dennoch dürfen Ihre Texte
darin nicht untergehen – agieren Sie also mit lauter und fester Stimme sowie
deutlicher Aussprache. (Ist zudem
ein Rangordnungszeichen: Der „Platzhirsch“ röhrt am heftigsten!) Lassen Sie genug Pausen und modulieren Sie Ihren Text!
Bei einer Zahl von mehr als 30 Kindern nehme ich stets mein Sendermikrofon mit (die Tonanlage habe ich ja wegen der Begleitmusik sowieso dabei.) Oft genug rettet diese Maßnahme meine Vorstellung vor dem Untergang im Begleitlärm – oder mindert jedenfalls meine Nervosität angesichts einer dreistelligen Zuschauerzahl.
Bei einer Zahl von mehr als 30 Kindern nehme ich stets mein Sendermikrofon mit (die Tonanlage habe ich ja wegen der Begleitmusik sowieso dabei.) Oft genug rettet diese Maßnahme meine Vorstellung vor dem Untergang im Begleitlärm – oder mindert jedenfalls meine Nervosität angesichts einer dreistelligen Zuschauerzahl.
Mein
früherer Seminarlehrer pflegte zu sagen: „Wenn die
Stimme des Lehrers nicht bis zur letzten Bank klar vernehmlich
ist, erübrigen sich alle weiteren Überlegungen zu Methodik und
Didaktik!“
Weiterhin
verringern diverse Nebenbeschäftigungen die Aufmerksamkeit der
Betrachter. Speziell bei Kindergeburtstagen werden ja die Gäste großzügig mit festen
und flüssigen Kalorien versorgt. Dies
muss aber vor meinem Auftritt
erledigt sein, am besten in einem anderen Raum!
Die
Örtlichkeit, an der ich zaubere, zeichnet sich dann durch völliges Fehlen von Essen und Trinken aus. (Für elterliche
„Kampfdrohnen“: Eine derartige Abstinenz über eine Dreiviertelstunde hin führt nicht
zur Dehydrierung oder gar zum plötzlichen Hungertod!) So vermeide ich, dass
meine Vorstellung durch umfallende Gläser oder den Streit um einen herrenlosen
Muffin beeinträchtigt wird. Ebenso ist Spielzeug fehl am
Platz (das habe ich ja mitgebracht) – und beim Kinderfasching werden alle
Cowboys und Gangster im Vorfeld entwaffnet.
Grundsatz: No meals, no drinks,
no toys, no guns!
Erkundigen
Sie sich bei größeren Events stets nach dem Gesamtprogramm! Mehr als
einmal ist es mir passiert, dass während meiner Vorstellung draußen im Hof
plötzlich die ebenfalls eingeladene Blaskapelle
zum Konzert ansetzte oder orientalische Musik die Show einer Bauchtänzerin begleitete. Sehr beliebt
in Bildungseinrichtungen sind Lautsprecherdurchsagen
des Inhalts, welches Auto mit diesem oder jenem Kennzeichen gerade die
Feuerwehrzufahrt blockiere oder welcher Kollege dringend ins Lehrerzimmer
kommen solle. (Vielleicht haben Sie ja eine kleine Kombizange, mit der Sie die
Drähte am Lautsprecher… nein, war nur Spaß!)
Aber
auch hier gilt: Erkannten Gefahren kann man meist begegnen! Günstig
ist es, wenn die kleinen Gäste zunächst Gelegenheit zum Spielen und Toben und
dann etwas zu essen und trinken bekommen, bevor die Zaubervorstellung beginnt.
Ein
nicht unbeträchtliches Risiko bilden Open-Air-Auftritte, die ja gerade bei
Frauen (welche z.B. in Kindergärten oder bei Geburtstagsfeiern das Sagen haben)
äußerst beliebt sind: Draußen ist es ja viiiel schöner (und man bewahrt die
Innenräume vor Schäden aller Art)! Leider kann ich auf zahlreiche Gigs zurückblicken,
wo ich bei gefühlten 40 Grad an der Sonne in meinem Anzug langsam vor mich hin
kochte, der CD-Player sich temperaturbedingte Aussetzer leistete oder ich meine
Requisiten vor herannahenden Sturmböen retten musste. Dazu kamen unebene Böden,
30 Meter
Verlängerungskabel bis zur nächsten Steckdose, Zaungäste rundum sowie
ellenlange Transportwege bis zur Garderobe. Außerdem kann schon ein
vorbeiflatternder Schmetterling (oder gar eine Wespe) dafür sorgen, dass ein
Zaubereffekt unbemerkt bleibt…
Deshalb
geht gerade hierbei ohne einen Ortstermin vorher nichts – so lassen sich
wenigstens die kalkulierbaren äußeren Bedingungen halbwegs zur Zauberei passend
gestalten. Weiterhin mache ich stets darauf aufmerksam, dass bei schlechter Witterung entweder eine
überdachte Alternative (oder ein Ausweichtermin) bestehen muss bzw. meine Gage
auch bei einer Stornierung fällig wird. Gerne kommt hier das Argument: „Im
Juli regnet es doch bestimmt nicht!“ Statistisch bietet dieser Monat
(zusammen mit Juni und August) hierzulande die höchsten Niederschlagsmengen…
Und
zu guter Letzt: Es müssen Betreuungspersonen anwesend sein! Weder meine
Assistentin noch ich können uns um freilaufende „Pampers-Rocker“ kümmern, die
zwischen unserem Equipment umherirren, ebenso wenig wie um Kinder, welche
plötzlich aufs Klo müssen (bzw. gemusst hätten, alles schon passiert) oder auf
einmal ihre Trotzphase ausleben. Leider kollidiert dies mit dem Wunsch von
Erwachsenen, während der Vorstellung einmal „frei“ zu haben. Sorry, das geht leider
nicht: Wir bieten Kinderzauberei und
keine „Rundum-Betreuung“ – hierfür
gibt es andere Angebote!
Zusammenfassend
noch einmal die Eckpunkte äußerer Bedingungen, mit denen eine solche
Darbietung steht und fällt:
·
Einstimmung
der Kinder auf die „Vorführsituation“
·
feste,
bequeme Sitzplätze
·
Abgrenzung
des „Zauberbereichs“
·
gute
Sicht- und Hörbarkeit
·
keine
„Nebenbeschäftigungen“ (Essen, Trinken, Spielzeug)
·
Vermeidung
sonstiger äußerer Störfaktoren
·
sinnvolle
Einpassung ins Gesamtprogramm
·
Auftritte
im Freien nur nach Ortsbesichtigung; Festlegung des Verfahrens bei schlechter
Witterung
·
Anwesenheit
von Betreuern, die bei Problemen eingreifen
Nach
meinen Erfahrungen hält sich die Lust pädagogischer
Mitarbeiter, dem Zauberkünstler gute
Rahmenbedingungen zu bieten, oft in engen Grenzen. Meine Botschaft ist dann glasklar: Ich tue
alles dafür, dass der Auftritt ein
Erfolg wird. Gleiches erwarte ich jedoch auch von den anderen Beteiligten.
Mein
Tipp für die Verhandlungen mit Veranstaltern, die sich für kleine Zuschauer
nicht besonders anstrengen wollen: Der Begriff „Kinderfeindlichkeit“ bildet
heutzutage ein „Totschlagargument“. Warum sollten Sie es nicht auch einmal –
für einen guten Zweck – einsetzen?
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