Dienstag, 9. Juli 2019

Die Herzen bewegt


Hurra, nun haben wir also den Auftritt geschafft, auf den wir seit vielen Wochen hinarbeiteten: Am zurückliegenden Sonntag spielten wir im fast voll besetzten Festsaal des Pfaffenhofener Rathauses unser Schlagerkonzert.

Wenn man hinterher die zahlreichen Dinge bedenkt, die hätten schiefgehen können – darunter viele, auf die man gar keinen Einfluss hatte – wird man ziemlich dankbar, ja demütig:

So erschien am Mittwoch vorher doch tatsächlich noch der lang ersehnte Ankündigungs-Artikel im Pfaffenhofener Kurier, sogar mit Bild (glücklicherweise brüten derzeit kaum noch Amselpärchen). Und heute brachte das Lokalblatt eine sehr lobende, wenngleich im Detail nicht immer korrekte Kritik zu unserem Auftritt – sogar wieder mit Bild! Nun gut – das Foto hatte eher Briefmarkengröße, im Gegensatz zur darüber in zehnfachem Format abgebildeten orientalischen Tänzerin vor dem Pfaffenhofener Rathaus. Aber klar: Solche Einblicke hatten wir nicht zu bieten – ich sollte das Thema mal bei unseren Musikerinnen ansprechen…

Man kann den Artikel auch online lesen (hier mit größerem Bild):

Und entgegen unseren Befürchtungen erschien wirklich eine Stunde vorher ein Vertreter der Stadt, um die Abendkasse zu übernehmen – und dabei erfuhren wir doch tatsächlich schon, dass bereits 80 Karten im Vorverkauf bestellt waren (solche Daten sind einige Tage vorher unmöglich zu erhalten) – so dass wir insgesamt über 100 Zuschauer hatten. Wie schön! Dann hatte sich doch auch der Druck von 40 Programmheften gelohnt.

Warum man jedoch in Pfaffenhofen keinen Gastronomen findet, der sich willens zeigt, Konzertbesucher in der Pause mit Flüssigem zu versorgen, ist mir ein Rätsel. So blieb mir nichts anderes übrig, als in meiner Pausenansage auf die hervorragende Eisdiele hinter dem Rathaus aufmerksam zu machen und amüsiert zu beobachten, wie ganze Gästekolonnen mit Bollentüten in der Hand an uns vorbei promenierten. Ich hätte Provision verlangen sollen!  

Kaum ein Besucher macht sich den Logistik-Aufwand klar, der hinter einem solchen Konzert steckt: Allein die Zauberutensilien plus Verstärkeranlage für die Gesangsmikrofone füllten zwei Pkws, deren Inhalt wir in den 2. Stock des Rathauses zu transferieren hatten – inklusive Anmarsch vom Parkplatz aus, da wir wegen der Fußgängerzone nicht direkt vor die Tür fahren konnten.

Dazu dann die einzige Gesamtprobe mehrere Stunden vor dem Konzert – die Musiker haben natürlich alle ihre eigenen Termine und kommen teilweise von Weither, es war also unmöglich anders zu schaffen! Inklusive der Fahrzeit waren die Mitwirkenden an diesem Sonntag um die 10 Stunden auf den Beinen – auch das muss man erstmal hinbekommen…

Worüber wir uns alle einig waren: Es ist ein Riesen-Vorteil, wenn man ein Programm öfters (wenn auch in nicht immer identischer Besetzung) spielen darf. Man kann immer mehr auf die vielen Details achten, die eine Vorstellung insgesamt attraktiver machen. Die nunmehr fünfte Version unseres Schlagerkonzerts, das möchten wir mit Stolz behaupten, war sicherlich die bislang beste!

Dass wir immer wieder zu Engagements kommen, ist vor allem unserem rührigen Impresario Hartwig Simon zu verdanken, der auch die Arrangements bearbeitet und sich nicht zu schade ist, vor den meisten Auftritten tausende Flyer in den lokalen Briefkästen zu deponieren. Ach ja – Fagott spielt er auch noch!

Ich gestehe aber, dass ich hinsichtlich der Musik anfangs schon skeptisch war: Ein Salon-Ensemble, das sich an den Beatles, ABBA oder Rod Stewart versucht, sich an Swing-Legenden wie „Strangers in the night“ herantraut, Grand Prix-Siegertitel wie „Hallelujah“ oder „Ein bisschen Frieden“ intoniert oder den Elvis-Welterfolg Can’t help falling in love” im Programm hat?

Zunächst einmal sind das Stücke, die man – obwohl sie jeder kennt – derzeit eher selten geboten bekommt. Es war dem Publikum anzumerken, dass es diesen Ausflug in Nostalgie sehr genoss.

Weiterhin geben wir gerne zu, keine international agierende Profi-Showband zu sein – sonst hätten die Karten auch mindestens 30 Euro kosten müssen. Die Mitwirkenden verfügen jedoch alle über eine solide Ausbildung (teilweise ein Musikstudium) und langjährige Spielpraxis. Dennoch: Reich wird mit solchen Auftritten mit Sicherheit keiner.

Das Programm des Salon-Ensembles Ingolstadt lautet Vielfalt – Spezialisten und Puristen müssen draußen bleiben. Kein Jazzfan wird sich in unsere Konzerte verirren, nur weil wir „All of me“ spielen – da fehlt schon mal das Schlagzeug. Und reine Beatles-Anhänger würden in der Salon-Besetzung (die ja kein Geheimnis ist) eindeutig die E-Gitarren vermissen. Wir sind keine Revival-Band, sondern erlauben uns, die Stücke in unserer Interpretation zu liefern.

Letztlich begegnet uns gelegentlich das Schubladen-Denken, das ich vom Tango zur Genüge kenne: Alles außer den „Gran Orquestas“ der 1940-er Jahre ist eben „nicht authentisch“. Na gut, wer’s braucht…

Ich habe bereits vor 30 Jahren beim Zaubern festgestellt, dass ich beim Laien-Publikum ganz gut ankomme (sogar einmal einen Wettbewerb gewonnen habe, als man normale Zuschauer abstimmen ließ), Experten jedoch meine Darbietungen eher furchtbar fanden. Als ich mich vor einigen Jahren anlässlich des Erscheinens meines Zauber-Buches in einem magischen Forum anmeldete, wurden meine Beiträge wiederum von Kollegen heftig verrissen – inzwischen in einer der Internet-Kommunikation geschuldeten Bösartigkeit.

Daher steht für mich seit langer Zeit felsenfest: Ich kümmere mich ausschließlich darum, wie meine Moderation, meine Zauberkunststücke bei „normalen“ Zuschauern ankommen. Fachleute sind meist nicht mehr in der Lage, sich in deren Perspektive hineinzuversetzen. Und klar – der eigene „Expertenruhm“ steigt natürlich proportional zur Kritik, mit der man Kollegen überzieht. Daher sind mir solche Beurteilungen piepegal.

Ich bedanke mich jedenfalls herzlich bei meinen Kolleginnen und Kollegen auf der Bühne, von denen ich bewusst niemand hervorheben will – sie alle haben sich toll in den „Drive“ hineingesteigert, den solche Musik benötigt. So entstanden „Gänsehaut-Momente“ wie vor der Pause die Interpretation von „My Way“ oder das abschließende Knef-Chanson „Für mich soll’s rote Rosen regnen“, zu dem ich mit vielen Blumen dieser Art etwas Poesie liefern durfte.

Wenn ich am Schreibtisch sitze und einen Programmablauf plane, ist mein Ziel stets, das Publikum emotional zu erreichen. Musik, Text und Zauberei können technisch noch so gut sein – nur wenn sie „über die Rampe“ kommen, ihren Weg in die Seele der Zuschauer finden, hat man es geschafft.

Von meinem großen Vorbild Marvelli stammt der Satz, die Magie sei eine Kunst, „die den Verstand stillstehen lässt, aber die Herzen bewegt.“ Dies gilt ebenso für die Musik: "All you need is love".

Ich glaube, es gab am vergangenen Sonntag viele solcher Momente. Und die lassen alle Mühen vergessen.

v.l.n.r.: Gabi Klaschka-Mamikonian, Swetlana Gilman, Hartwig Simon, Gerhard Riedl, Stephanie Fischer, Dr. Stefanie Geith, Annerose Bayerle-Schöffel, Rudolf Eduard Laué, Karin Law Robinson-Riedl

P.S. Vom Harfen-Duo Laura Oetzel und Daniel Mattelé erschien gerade ein hervorragender Artikel, der sich mit der Welt hinter den Kulissen" beschäftigt:
https://www.dasharfenduo.de/wordpress/harfenduo/hinter-den-kulissen/

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