Parallel zur verbalen
Ausdrucksweise senden wir oft Botschaften, die sich über körperliche Aktionen
vermitteln. Widerspricht sich der Informationsgehalt beider Kanäle, so ist
der Empfänger verwirrt. Irgendetwas „kann nicht stimmen“!
Das gilt längst nicht
nur in der Zauberei:
Ein Politiker, der bei einer Rede sein Publikum „herzlich begrüßt“ und dabei den Kopf einzieht, die Arme vor der Brust verschränkt oder sich am Pult festhält, erscheint unglaubwürdig.
Ein Politiker, der bei einer Rede sein Publikum „herzlich begrüßt“ und dabei den Kopf einzieht, die Arme vor der Brust verschränkt oder sich am Pult festhält, erscheint unglaubwürdig.
Auch im Alltag
wirkt jemand verdächtig, der Sie seiner „große Sympathie“
versichert und dabei statt in Ihre Augen
an Ihnen vorbeiblickt.
Oder was halten Sie
von jemandem, der Ihnen gegenüber bekundet, seine Kritik sei „nicht persönlich gemeint“ und sich dabei
anspannt, als erwarte er gleich
einen Angriff?
Kein Mensch glaubt
Ihnen auch, wenn Sie verbal Entschlossenheit
betonen, dies aber mit leiser, zögerlicher Stimme verkünden und mit Verlegenheitsgesten garnieren (Hand vor
dem Mund, am Kopf kratzen, Blick nach unten).
Zur Illustration empfehle ich die allabendlichen Talkshows, bei denen Sie viele Varianten beobachten können.
Zur Illustration empfehle ich die allabendlichen Talkshows, bei denen Sie viele Varianten beobachten können.
Unser körperlicher Ausdruck lässt sich weit weniger
bewusst steuern als unsere Worte. Er ist somit meist „ehrlicher“. Im normalen Leben sollten wir daher die großen Sprüche
lassen, wenn wir nicht wirklich an sie glauben. Es ist besser, das zu sagen,
was unsere Körpersprache sowieso ausdrückt.
Das Problem beim Zaubern besteht darin, dass wir sehr
häufig „lügen“ müssen: Was wir
wirklich tun, unterscheidet sich oft stark von dem, was wir dazu erzählen. So sind
wir stets in Gefahr, dem durch unsere physischen Aktionen zu widersprechen.
In der Zauberszene wird ein riesiger Wert
darauf gelegt, die „Fingerfertigkeit“
zu trainieren. Die verwendeten Kunstgriffe
müssen möglichst perfekt sitzen. Das
führt häufig dazu, dass die tausendmal geübten Trickbewegungen aus dem normalen Bewegungsablauf herausstechen.
Die Zuschauer sehen zwar meist nicht, was
der Künstler getrieben hat, argwöhnen jedoch, dass er in dem Moment etwas Geheimes bewerkstelligt hat.
Je mehr das Publikum
argwöhnt, dass verbale und körperliche Aktion nicht übereinstimmen, desto genauer sieht es hin. Klar sollten die
geheimen Handlungen sauber geübt sein – wer noch mit Ablauf oder Technik kämpft,
kriegt den stimmigen Ausdruck nicht
hin. Viel wichtiger als irgendwelches Fingergezwirbel ist es aber, dass Sie
sich nicht mit Ihrer Körpersprache
insgesamt verraten.
Bleiben
wir beim einem Beispiel, welches zum
„Grundrepertoire“ jedes Magiers zählt: Sie zeigen einen Gegenstand in der
rechten Hand vor und übergeben ihn scheinbar in die linke – in Wahrheit wird er
rechts verborgen (palmiert, wie die Insider es nennen).
Die Spannung und Aufmerksamkeit sollte links landen, doch trotz unserer
entsprechenden Worte („Der Schwammball kommt nun in meine linke Hand“)
bleibt diese locker und entspannt (obwohl sie ja etwas halten müsste), während
die rechte Körperseite (vor allem Arm und Hand) plötzlich erstarren und wie
„betoniert“ wirken.
Dem
Publikum fällt diese Diskrepanz auf, und es beginnt darüber
nachzudenken, ob alles dem entspricht, was Sie sagen.
Meinen Zauberkurs-Teilnehmern erklärte ich es
immer so:
„Das ist
kein Ratespiel – in welcher Hand ist der Ball jetzt? Nein, Ihre Zuschauer
müssen bereit sein, ihr ganzes Vermögen darauf zu wetten, dass er sich in der
linken
Faust (und
nicht rechts) befindet!“
Daher
sollten Sie die Übergabe zunächst real versuchen:
Beobachten
Sie Ihre Körperhaltung – vor allem
auch die Tatsache, dass eine Faust,
in der sich etwas befindet, nicht ganz eng zusammengepresst sein sollte! Bewegen
Sie diese nach vorne und oben, richten Sie den Blick darauf! Eventuell machen
Sie mit den Fingern leicht knetende Bewegungen, da Sie ja den Gegenstand
„fühlen“.
Beachten
Sie, wie der rechte Arm nun, da im
Moment nicht benötigt, inklusive der Schulter
entspannt nach unten fällt und leicht auspendelt! Die Finger sind locker, aber nicht ausgestreckt – Sie
müssen nicht beweisen, dass diese Hand leer ist – sie ist es ja scheinbar
sowieso!
Schön
wäre es, wenn Sie mit der palmierenden Hand schnell etwas ergreifen könnten, beispielsweise einen zweiten Ball, Zaubersalz
oder einen Zauberstab. Wenn dieses Requisit sich in der Tasche oder in einer
Ablage befindet, können Sie den verborgenen Gegenstand auf diese Weise loswerden. Falls Sie ihn weiter brauchen,
ergreifen Sie mit jener Hand z.B. den Zauberstab: Es entspricht den Sehgewohnheiten, dass eine Hand meist
nur einen Gegenstand umfasst, nicht zwei!
Die beste
Palmage beinhaltet dennoch immer das Restrisiko der Entdeckung. Eine
Gegenstrategie sind kurze, direkte Bewegungswege.
Vom
heimlichen Verbergen des Balls in der rechten Hand bis zum Ergreifen
eines
zweiten Gegenstands sollten Sie eine möglichst geringe Strecke zurücklegen. Sie können es vorher schon so
einrichten, dass z.B. der Zauberstab
ganz nahe liegt oder Sie ihn – mit dem freien Ende nach vorne und unten – in die linke Achselhöhle klemmen und dann
in die Hand nehmen. Und der Weg in die Jackett-Tasche ist sowieso
nahe!
Im Gegenzug
gestalten Sie die Bewegungen der nur
scheinbar haltenden Hand (inklusive Arm und
Schulter) rund und weit!
Üben Sie
abwechselnd die reale und die Trickbewegung: Beides muss absolut
gleich wirken. Wenn Sie dann nur noch den Kunstgriff anwenden, suggerieren Sie
sich selber, dass alles so ist, wie Sie vorgeben! Ich erlebe dies in der Praxis
immer wieder: Bei einem richtig gut laufenden Auftritt komme ich in eine Phase,
wo ich wirklich daran glaube, zaubern zu können.
Damit
stimmen verbale und Körpersprache wieder überein! Und genau
darauf beruht die magische Wirkung.
Denken
Sie bei Ihrer nächsten Rede, dem nächsten Referat oder Kurs daran: Nur, wenn
Sie selber an das glauben, was Sie
erzählen, nimmt Ihnen das Publikum Ihre Aussagen voll und ganz ab. Ansonsten
müssten Sie zaubern können…
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