Sonntag, 29. November 2020

Meine schönsten Zaubererlebnisse III

 

Hier nun die dritte Folge meiner Zaubergeschichten – wie immer alle selbst erlebt und nicht übertrieben. Viel Spaß! 

Eigenheiten und persönliche Wünsche

der Veranstalter oder Gäste sind ein gutes Mittel, dem Auftritt eine persönliche Note zu geben. Einige besonders schöne Beispiele: 

·         Eine Gastgeberin bat mich einmal, bei ihrem Familienfest keine satirisch-politischen Anspielungen zu bringen, da ihr Vater (im Gegensatz zu mir) sehr konservativ sei. Daher kündigte ich an: „Jetzt folgt mein übernächstes Kunststück, denn das nächste wäre politisch gewesen…“

·         Bei einer Firmenfeier landete ich trotz gegenteiliger Beteuerungen des Chefs in einem Bierzelt mit besoffenen Maurern. Meine Moderation: „Ich möchte Ihnen nun ein Kunststück erklären, und da wir heute in Niederbayern sind, habe ich ein ganz einfaches gewählt!“ Ich brauchte 30 Minuten, bis mich die Gäste wieder sympathisch fanden…

·         Auf dem grauen Nadelfilz eines Versicherungsunternehmens glückte mir dies nicht mehr. Genervt wegen der langen Wartezeit durch scheinheilig-dröge Reden der hohen Herren brachte ich den Spruch: „Ein Hauptproblem Ihrer Branche ist ja der Versicherungsbetrug, aber ich habe gehört, dass manchmal auch die Kunden die Versicherung reinlegen…“ Lediglich der Plebs auf den billigen Plätzen jubelte, zur Verabschiedung erschien nur der Buchhalter mit dem Scheck (na, immerhin!).

·         Bei einigen Praxisfesten von Ärzten hatte zumindest ich viel Spaß, z.B. mit dem Vergleich von Zauberern und Medizinern („Wir kommen beide zwar manchmal vergeblich, aber nie umsonst, und unsere Probleme beginnen in der Praxis…“).

·         Ein Augenarzt bekam einmal zu hören, ich bewundere ihn als Ehemann: „Sie können spät nachts heimkommen und ihrer Frau wahrheitsgemäß erzählen, Sie hätten sich noch mit der Iris beschäftigt!“

·         Mitgefühl zeige ich stets mit der finanziellen Not der Heilberufler: „Ich habe gehört, Sie müssen oft einige Wochen vor Quartalsende Sprechstundenhilfen entlassen, da das Kontingent aufgebraucht ist, um sie dann zum nächsten Ersten wieder einzustellen. Das ist sehr clever, denn Ihr Reitpferd ließe sich das nicht gefallen.“

·         Bei einem Fest in einer Apotheke erklärte ich einmal, der Begriff „Rezept“ komme vom lateinischen „recipe“ (rp.), also „nimm“. Es sei die Mitteilung des Arztes an den Apotheker: „Ich habe mein Geld schon, jetzt nimm dir deines!“

·         Nicht wärmer als diese Berufsgruppen reagierte eine ziemlich hoheitsvolle Zuschauerin bei einem Auftritt auf einem Schloss. Sie sei leider zu spät gekommen, ob ich ihr ein besonders tolles Kunststück noch einmal zeigen könne? Sie bekam einen Prospekt mit dem Angebot, mich doch einmal zu engagieren!

·         Vor einer Darbietung bei einer Hochzeit wurden wir dahingehend instruiert, dass die meisten Gäste einer besonders frommen Sekte angehörten und ich daher Unmoralisches wie Wein, Weib und Gesang außen vor lassen sollte. Dummerweise war wohl übergroße Fruchtbarkeit nicht verwerflich: Auf 25 Erwachsene kamen schätzungsweise 75 ultimativ unerzogene Kinder. Ich zeigte nur das zur Gagenrettung unumgängliche Minimum an sittlich einwandfreien Effekten und grübelte auf der Heimfahrt, ob die hohe Fortpflanzungsrate nicht durch etwas Alkohol im richtigen (oder falschen?) Moment eingrenzbar gewesen wäre…

·         Groß war meine Ratlosigkeit bei einer anderen Hochzeit: Das Publikum war sehr freundlich und spendete Beifall, aber die verbalen Gags kamen überhaupt nicht an. Nach Programmende erfuhr ich den Grund: Fast alles Ausländer – des Deutschen nicht mächtig. Die vermittelnde Agentur hatte einen entsprechenden Hinweis wohl als unnötig erachtet. Dieses Einzelbeispiel lässt sich verallgemeinern: Noch nie habe ich von einer Künstlervermittlung ein auch nur halbwegs vernünftiges Angebot erhalten!

 

Fehler und Pannen 

während des Auftritts lassen den Adrenalinspiegel zwar gewaltig ansteigen, werden aber, durch den rosa Zeitschleier betrachtet, mit zunehmendem Abstand immer schöner:

·         Bei einem meiner Vorzeige-Kunststücke verwandelt sich ein hohles Ei, in das ein Tuch gestopft wird, in ein echtes solches. Einmal (wohl um die Osterzeit) hatte ich die Bleistiftmarkierung „g“ auf dem Hühnerprodukt wohl übersehen. Das finale Aufschlagen zum Beweis von dessen Rohheit gestaltete sich problematisch – es war ein hart gekochtes! Meine Assistentin und ich schauten tunlichst aneinander vorbei, um die Vorstellung ohne Lachanfall weiterführen zu können...

·         Meine Frau kennt meine Texte natürlich „im Schlaf“. Wenn ich mal wieder kreativ mit dem Programmablauf umgehe, reagiert sie kongenial. Einmal besann ich mich erst während des Ankündigungstextes auf ein anderes Kunststück und „bog“ verbal um. Stoisch marschierte sie mit dem nun unnötigen Requisit von links nach rechts über die Bühne und verschwand sodann, um die neuen Utensilien zu holen.

·         Ein ziemlich turbulenter Auftritt hatte mich schon nach einigen Minuten ziemlich ins Schwitzen gebracht, zumal ich allein zaubern musste; die Assistentin hatte eine andere „Mugge“. Die gerade laufende Nummer war eine ziemliche Materialschlacht mit vielen Tüchern etc. – ich merkte, dass ich der Begleitmusik „hinterherzauberte“. Plötzlich wurde mir ein gerade erschienenes Seidentuch galant abgenommen: Karin war mir nach Ende ihres eigenen Auftritts gefolgt und nahtlos in die Routine eingestiegen!

·         Als ich wieder mal ein Kinderpublikum im „allwissenden“ Alter (um die 12 Jahre) hatte, wollte ich einen gerade geschlagenen Knoten von einem Seil verschwinden lassen. Prompt kam der neunmalkluge Zwischenruf: „Das ist gar kein echter Knoten, Du ziehst nur dran!“ Vielleicht geriet darob meine Zugkraft etwas heftiger, vielleicht war das Seil wegen der vielen „verschwundenen“ Knoten an dieser Stelle schon etwas morsch – auf jeden Fall hatte ich plötzlich zwei Seile! Den Luftzug durch die vielen offenen Münder werde ich nie vergessen! Doch Triumphe sollte man sofort genießen, da sie nicht haltbar sind: Nach Schluss der Vorstellung machte mich der Hausherr darauf aufmerksam, dass auf der Rückseite meines nagelneuen Jacketts noch der Firmenzettel prangte!

·         Unvergessen und daher als Schlusswort zum Thema geeignet ist der Kommentar eines Pianisten, mit dem wir gelegentlich zusammenarbeiten. Nach einer besonders stressigen Anreise, bei der wir auch noch sein Keyboard über eine verschneite Kellertreppe wuchten mussten, waren wir in Sorge, dass wir dem älteren Herrn zu viel zumuteten. Zum Abschied aber strahlte er uns an: „Mit eich is’ so schee, da is’ immer was los!“

 

Fest gebucht

Wenn Kunden anrufen, erkundigen sie sich meistens, ob ein bestimmter Termin noch frei ist. Bestätige ich ihnen dies und übersende die entsprechenden Unterlagen (Informationsmaterial, Vertrag), so breitet sich möglicherweise in den nächsten Wochen donnerndes Schweigen aus. Also muss man wieder nachfragen, und da ist eventuell schon wieder alles anders…

·         Eine Veranstalterin engagierte für ein großes Gartenfest eine Jazzballettgruppe sowie mich als Zauberer. Die Tanz-Chefin lieh sich für den Auftritt ein Dutzend große Tücher von mir. Nach geraumer Zeit wurde ich wieder ausgeladen: Zwei Darbietungen würden den Zeit-(und Geld?)rahmen sprengen. Meine Textilien erhielt ich nicht vollständig zurück – einige Tänzerinnen hatten ihre „Schärpen“ nach der Vorstellung verbummelt. Dafür bekam ich Ersatz, aber in anderen Farben und Mustern, so dass ich mir einen komplett neuen Tüchersatz kaufen musste. Diese Erfahrung war für mich der Anlass, schriftliche Auftrittsverträge einzuführen!

·         Besonders absageträchtig sind Kindervorstellungen. Wegen des Zeitstresses für die Kleinen (Reit- und Tennisstunden, Karatekurs, familiengerichtlich festgesetzter Besuchstag etc.) ist offenbar eine verlässliche Terminplanung höchst diffizil. Hinzu kommen noch diverse Kinderkrankheiten. In einem Fall versorgte mich eine Mutter tagelang mit Bulletins über die aktuellen Körpertemperaturen etc., bis sie schließlich am Auftrittstag kurz nach acht Uhr morgens absagte! Auftrittsverträge mit Kostenerstattung bei Rücktritten wirken übrigens ausgesprochen gesundheitsfördernd…

·         Eine telefonische Nachfrage wegen eines fest zugesagten Geburtstagsauftritts förderte zumindest den Verlobten der besagten Dame zu Tage. Dessen Auskunft: „Des Festl is’ scho’ lang g’loffa“…

In Extremfällen komme ich dann (nach mehrfachen Erinnerungen und Fristsetzung für die Vertragsrücksendung) einfach nicht. In solchen Situationen sind die Veranstalter natürlich tödlich beleidigt wegen meiner „grundlosen Absage“…

Auch in Kenntnis meines Berufes landeten Anfragen in der Mehrzahl am Vormittag auf meinem Anrufbeantworter. Eine entsprechende Ansage („erreichbar erst ab 14 Uhr“) bewirkte wenig. Rückrufe von mir gehen oft tagelang ins Leere, auch wenn sie einige Minuten nach dem Anruf erfolgen. Offenbar brechen manche Menschen kurz nach ihrem Telefonat zu einer längeren Reise auf… 

Wird man für eine Firmenveranstaltung engagiert, muss man früh aufstehen. Mitarbeiter in der freien Wirtschaft betreten offensichtlich gegen 7.30 Uhr ihr Büro, und wenn Morgenkaffee und -zeitung nichts mehr hergeben (so gegen 8.00 Uhr), werden die fälligen Anrufe erledigt. Zwei Auftritte bei einem Betriebsseminar bescherten mir jedenfalls zur Ferienzeit den fast allmorgendlichen „Weckdienst“ durch einen alerten Mitarbeiter, der offenbar zur „Künstlerbetreuung“ eingesetzt war und dem ständig wieder etwas Neues einfiel! 

Das andere Extrem bediente eine Schwägerin des Bräutigams bei einem geplanten Hochzeitsauftritt: Gegen 22.30 Uhr erreichte mich ihr Anruf – ihr sei zu einer bestimmten Eigenheit ihres Schwagers noch eine Idee für meine Vorstellung gekommen. Meine Replik, auch Amateurzauberer hätten gewisse „Bürozeiten“, erzeugte selbstredend tief gekränkte Reaktionen…

Spitzenreiter meiner bisherigen Kommunikations-Odysseen: An einem Dienstagnachmittag rief eine Kundin an – ob ich am folgenden Sonntag eine Kindervorstellung geben könnte? Alles soweit okay – ob sie ein Faxgerät zwecks Hin- und Rücksendung des Vertrags habe? Ja, aber das sei derzeit defekt. Eventuell habe ihr Mann im Büro eines, sie werde sich erkundigen.

Dienstagabend dann die Bestätigung: Ja, ich könne ein Fax schicken, was umgehend erfolgte – zuerst mit Fehlermeldung, beim zweiten Anlauf einwandfrei. Dann am Donnerstag (!) der nächste Anruf: Mein gestriges (?) Fax sei nur verstümmelt angekommen, ob ich es nochmal probieren wolle? Die Fehlermeldungen rissen nicht ab – laut Nummer übrigens das ehedem „kaputte“ Gerät! Letzter Vorschlag meinerseits: Ich würde die Unterlagen jetzt sofort zur Post bringen – die Rücksendung bis Samstag sei dann ihre Sache. Am Freitagmittag erreichte mich dann ein völlig fehlerfreies Fax: Man bedaure, mir so viel Umstände bereitet zu haben – zur Vermeidung von weiterem Stress wolle man den Auftrag absagen. (Von einer Bezahlung von zwei Stunden Arbeitszeit nebst Porto-, Telefon- und Faxkosten natürlich keine Rede…)

Behörden sind da keinen Deut zuverlässiger. So wollte mich die Verwaltung einer benachbarten Stadt einmal als Zauberer für ein Bürgerfest haben. Bedingung sei eine persönliche Vorsprache bei der Behörde. Beim vereinbarten Termin empfing uns dann die ziemlich hochnäsige Sekretärin des Bürgermeisters, die uns umgehend an eine junge, ziemlich unerfahren wirkende Kraft loswurde. Bei der Ortsbesichtigung die üblichen Unverbindlichkeiten: Ja, ungefähr da stehe die Bühne, wahrscheinlich könne man mit dem Auto heranfahren, Stromanschluss gebe es vermutlich auch. Das restliche Programm? Sei noch in Arbeit.

Trotz meiner Bedenken schickte ich einen Auftrittsvertrag ab – Replik: Danke für die Mühe, man habe sich nun doch anders entschieden. Von der Bezahlung von Fahrtkosten für den Ortstermin natürlich keine Rede…  

Wer glauben sollte, in den Zeiten von E-Mail und WhatsApp laufe das nun besser: nein. Auch heute noch gibt es Kunden, die mich mit längeren Telefonaten und Mails beschäftigen, denen ich Angebote schicke und Termine reserviere, um dann länger nichts mehr zu hören. Auf Nachfrage heißt es dann: Ja, danke für die Mühe – man werde bei anderer Gelegenheit sicher auf mich zurückkommen…

 Fortsetzung folgt!
 

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