Sonntag, 22. März 2015

Ihre Requisiten



Für die Zuschauer sind die Utensilien, welche ein Zauberkünstler verwendet, ganz besondere, wertvolle Gegenstände, da sie am Zustandekommen von „Wundern“ beteiligt sind. Schon deshalb geht es natürlich gar nicht, wenn Sie mit abgegriffenen Kartenspielen, fleckigen bzw. verknüllten Seidentüchern oder hellbeigen (statt blütenweißen) Seilen hantieren. Bei der Vorführung sollten Sie Ihr Material so handhaben, wie es etwas Kostbarem zukommt, beispielsweise Tücher mit zwei Fingern an einer Ecke erfassen, damit sie sich schön entfalten. Ebenfalls dürfen Requisiten nach Gebrauch nicht wie „Abfall“ in irgendeinen Korb gestopft oder gar auf den Boden geworfen werden. (Hierbei bewährt sich natürlich eine Assistentin, welche nicht mehr Benötigtes elegant „abserviert“ – und die Hilfsmittel sehen länger gut aus, wenn sie schonend behandelt werden!) Und achten Sie darauf, dass stets nur die Gegenstände sichtbar sind, mit denen Sie gerade zaubern! Gerade gegen Ende zu bildet sich bei manchen Auftritten eine „Müllhalde“ von Gegenständen, die ihren Dienst schon lange getan haben.

Ein passendes Design von Gerätschaften bewirkt ebenfalls den Eindruck von Klasse, und zumindest die Utensilien, die Sie für ein Kunststück  benötigen, sollten so aufeinander abgestimmt sein, dass sich Farben, Muster und Machart nicht „beißen“.

„Ich selbst lehne die Verwendung unserer typischen Zauberrequisiten vollkommen ab, da diese Kästen und Boxen den Zuschauern nur das Eine vermitteln: Dieses Requisit muss etwas mit dem gerade gesehenen Wunder zu tun haben, denn nur dafür ist es da.“
(Alexander de Cova: „Ein Profi packt aus“)

Sicherlich hat dieser Kollege, ein bekannter und innovativer Künstler, insofern Recht, als ein Programm, das offensichtlich weitgehend auf „Zauberapparate“ setzt, nicht wirklich überzeugt. Schließlich soll der Vorführende die Wunder vollbringen und nicht seine diversen Kisten, von denen er bei jeder Nummer wieder neue auf die Bühne stellt. Zudem ist das meist auf Glimmerfolie basierende Design oft nicht sehr geschmackvoll und verbreitet das Flair einer Rummelplatz-Schaubude.

Dennoch mag ich das obige Zitat nicht vorbehaltlos unterschreiben. Auch wenn ein Magier mit „alltäglichen“ Dingen wie Notizblöcken, Brieftaschen oder Weinflaschen hantiert, wird der Zuschauer trotzdem vermuten, dass diese geheime Präparationen enthalten könnten – und oft genug ist das so. Außerdem kommt es auf die Art der Präsentation an: Bei einer Darbietung klassischer „Salonmagie“ wird sicherlich mehr „Deko“ akzeptiert als bei einem Mentalkünstler, der auf Gedankenlesen setzt. Welches Programm das Publikum „schöner“ findet, ist dann noch die Frage, denn die meisten Informationen laufen beim Menschen über den optischen Sinn. Eine Reihe von bunten Seidentüchern bietet halt mehr Blickfang als mit Stift und Schreibpapier oder das „unvermeidliche“ Kartenspiel, mit dem ein Zauberer minutenlang hantiert.

Gerade bei einem altersmäßig völlig gemischten Publikum bzw. schwierigen Vorführbedingungen sollten die Effekte auch ohne ellenlangen Text verständlich sein, weil sie sich schon über den Anblick erklären. Ich bin in solchen Fällen stets sehr froh, über klassische „Hingucker“ wie Seidentücher oder Blumen zu verfügen!

Wie bei vielen Einzelfragen in unserem Metier landet man im Endeffekt wieder bei der Gesamt-Inszenierung: Wenn es gelingt, die Verwendung eines bestimmtes Requisits als notwendig, ja geradezu unvermeidlich hinzustellen, wird das Publikum dies akzeptieren und voll mitgehen. Setzt man dagegen nur auf den nackten Effekt, wird das Gesehene als unerklärlich, vielleicht aber auch als überflüssig betrachtet.

Ebenfalls sollten Sie Ihr sonstiges Material wie Zaubertische und Ablagebehälter kritisch unter die Lupe nehmen. Bei käuflichen Produkten tobt sich hier oft der volle Gestaltungsdrang der Hersteller aus: Da ist kaum eine Fläche ohne Glimmer, poppige Farben und Comicfiguren – diverse Häschen plus Zylinderhüte inbegriffen. Den Zuschauern sollen aber Ihre Requisiten ins Auge fallen und nicht der sonstige Aufbau! Daher ist hierbei eine edle und stabile, aber unauffällige Machart besser. Eine schwarze Färbung kann auch geheime Hilfsmittel („Gimmicks“) verbergen helfen, welche meist den gleichen Farbton aufweisen.

Bedenken Sie, dass sich Investitionen vor allem bei Utensilien lohnen, welche die Zuschauer während des gesamten Programms vor Augen haben!

Abschließend ein Satz von Marvelli, über den man lange nachdenken kann:
„Wo der Geist endet, beginnen die Requisiten“

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