„Call me a motherfucker, but spell my name correctly!“
Es
begab sich, dass ich vor Kurzem beim Fest einer Kirchengemeinde zaubern sollte.
Fast vier Wochen vor dem Auftrittstermin schrieb ich der ob meiner Künste bereits
vorab begeisterten Organisatorin: „Falls
Sie für Werbung, Ankündigung etc. Bilddateien von mir benötigen, würde sich
meine Illustratorin bei Ihnen melden.“ Eine Antwort blieb aus.
Als
ich einige Zeit später auf die Website der Pfarrei sah, hieß es dort lediglich,
„ein Zauberer“ werde den Event
verschönern. Bei der Ortsbesichtigung einen Tag vor meiner Darbietung machte
ich die Veranstalterin darauf aufmerksam, dass auch wir Magier nicht vom
Verschweigen lebten und ich es daher nett gefunden hätte, namentlich erwähnt zu
werden – so, wie sie ja wohl auch nicht schreiben würde, der Festgottesdienst
würde von „einem Pfarrer“ zelebriert.
Und warum sie nicht das angebotene Bildmaterial zur Werbung eingesetzt hätte?
(Im Übrigen konnte ich mir nun sicher sein, dass auch in der Presseankündigung
bestenfalls von „einem Zauberer“ die
Rede war!)
Die
„Chefin von‘s Ganze“ gab sich betroffen: Das habe man wohl übersehen, und zudem
hätten die vor mir bei Kirchenfesten engagierten Zauberkollegen auf sowas
keinen Wert gelegt (!). Man werde sich aber bemühen, dass nachher auf der Pfarreiwebsite sowie in der Zeitung meine Person gebührend gewürdigt werde.
Bis
zum Auftrittstag reichte der gute Wille wohl leider nicht – auch auf den
Plakaten und Wegweisern vor Ort war nur vom „Zaubern“
die Rede. Eine Reporterin aber erschien tatsächlich, wurde von meiner Frau
sogleich mit entsprechendem Informationsmaterial versorgt, schien sehr
interessiert und fotografierte alles, was sich bewegte.
Am
übernächsten Tag erschien wahrhaftig im Lokalblatt ein ausführlicher Bericht über
die Feier – u.a. sogar mit einem Foto meines Auftritts, an dessen linkem Rand
ich auch persönlich identifizierbar war. Die Bildunterschrift lautete: „Ein Zauberer unterhielt die Gäste der Feier
mit seinen Tricks.“ Auch im Artikel selbst war nur davon die Rede, dass die
Gäste „eine Zaubershow erlebten“ –
während natürlich alle anderen Beteiligten (auch die singende Tochter der
Veranstalterin) namentlich genannt waren. Ja, mehr als das: Beim Landrat hielt
man sogar dessen Zusage für lesenswert, er werde bei der nächsten Feier „ein Wildschwein spendieren“. Na prima,
das hat – bis auf die arme Sau – sicherlich alle gefreut!
Nun
gilt für mich beim Kontakt mit Journalisten nach jeder Menge leidvoller
Erfahrungen die Devise „höchste
Frustrationstoleranz bei niedrigster Erwartungshaltung“. Viele Vertreter
dieser Branche verbinden gekonnt einen hohen Grad an Desorganisation mit einem
chaotischen Zeitmanagement: Interviewtermine gelten als völlig unverbindlich,
zugesandtes Material landet im Spamfilter – und bei kritischen Reaktionen ist
man viel zu beleidigt, um davon Notiz zu nehmen.
So
kann es mich bei öffentlichen Auftritten kaum noch verwundern, wenn zehn Minuten
nach Beginn ein nebenberuflicher Spaltenfüller mit Fotoapparat in Vorhalte
durch die Saaltür bricht, wild um sich knipst, insgesamt zehn Minuten bleibt
und dann einen Artikel liefert, welcher mit meiner Zaubershow nur sehr indirekt
zu tun hat. Eckhard Böttchers „Tuch-Färbung-Ei“
liest sich dann so: „Herr Riedl färbte
ein weißes Taschentuch rot“ – und mit „er
durchbohrte mit einem Stäbchen folgenlos eine Glasscheibe“ ist natürlich
das „Herz aus Glas“ von Punx gemeint. Gerne erinnere ich mich
auch noch an einen Hörfunkbericht auf „Bayern
4“, bei dem mich eine Journalistin zu einem Auftritt begleitete und dort
kaum von meinen Requisiten wegzubringen war. Anschließend durfte ich die Dame,
da unmotorisiert, noch nach Hause fahren. Heraus kam dann ein
Drei-Minuten-Report im Stil von „Auf der
knarzenden Bühne des Pfarrheims stand Gerhard Riedl vor zwei Dutzend
Seniorinnen“.
Immerhin
war da noch mein Name richtig genannt, so viel Glück hat man (trotz
Überreichung von Flyern, Visitenkarten etc.) nicht immer. In meiner
Zauberkarriere wurde aus
"Gerhard
Riedl, Pörnbach, Lehrer am Hallertau-Gymnasium Wolnzach“
die folgende Auswahl:
„Gerhard Riedel“
„Gerald Riedl“
„Gerd Riedl“ (war mal der Vorname
meines Schäferhunds)
„Kurt Riedl“
„Herbert Riedel“
„Gerhard Riel aus
Förnbach“ (gibt’s
auch, ist ein noch kleineres Dorf)
„Gerhard Riedl,
Schrobenhausener Gymnasiallehrer“
„Gerhard Reindl,
Lehrer an der Mainburger Hauptschule“
„Big-Magic-Riedl“
Da
freut man sich sogar noch, wenn man lediglich als „ein Zauberer“ tituliert wird…
Ist
das alles eigentlich böser Wille oder nur abgrundtiefe Dämlichkeit?
Da
es mir zu schwer war, über dieses Thema keine Satire zu schreiben, habe ich es
auch gar nicht erst versucht. Vielleicht sollte man ja den bekannten Zweizeiler
zur Berufswahl noch um hundert Prozent steigern:
Wer nichts ist und wer nichts kann,
geht zur Post oder zur Bahn.
Und wem selbst das zu schwierig ist,
dem bleibt nur noch Journalist.
P.S. Auf der Website der Kirche fand ich heute zur Veranstaltung nur den Hinweis, doch bitte selbstgebackenen Kuchen mitzubringen. Na, ob der zum Wildschwein passt?
P.P.S. Ich sandte damals den Link zu diesem Artikel an das besagte Lokalblatt. Eine Antwort erhielt ich nie!
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