Spielkarten sind ein preiswertes
und leicht zu beschaffendes Requisit. Auch erfahrene Zauberer schätzen sie, da
sie fast unendliche magische Varianten
bieten und bei Auftritten den Gepäckaufwand
reduzieren. Außerdem gibt es sie für einen größeren
Zuschauerkreis auch im Mega-Format
(„Riesenkarten“). Erst recht unübersehbar ist die Auswahl von Spezialspielen, welche mehr „in sich“
haben als der Laie meint. Deren Nachteil: Oft sind sie „One Trick Ponys“, also nur für einen einzigen Effekt brauchbar.
Daher
möchte ich mich einstweilen auf Kunststücke beschränken, die mit einem handelsüblichen Päckchen funktionieren.
Für die folgende Routine (so nennen Magier
die Abfolge der Handlungen einer einzelnen Nummer) kann das Spiel sogar geliehen sein.
Eine
herzliche Bitte! Vermeiden Sie Vorführungen, welche mit dem grausigsten Satz der magischen Kunst beginnen, den ich von
Anfängern oft höre:
„Ziehen
Sie eine Karte!“
Erstens
wird diese Aufforderung inflationär verwendet und wirkt daher wenig originell. Noch schlimmer aber: Sie kündigen damit den Effekt an
– was wird zum Schluss schon anderes herauskommen als diese Karte (auf oft sehr
verschlungenen Wegen) zu erraten oder wiederzufinden? Die Überraschung ist
dahin – und das Publikum hat viel Zeit, Ihren Modus Operandi angesichts des
Ziels zu analysieren!
Weil
wir schon dabei sind – der zweitschrecklichste
Satz lautet:
„Hier
habe ich ein ganz normales Kartenspiel.“
Hallo?
Für viele Laien gibt es keine „unnormalen
Spiele“ – prima, dass Sie die Leute darauf bringen, es könnten auch welche existieren,
die tricktechnisch irgendwie präpariert sind!
Und
bitte: Geben Sie nie ein Requisit „zum
Untersuchen“ heraus! Klar tun Sie es nur dann, wenn an dem Gegenstand nichts Verdächtiges ist. Das Schlimme
ist aber: Sie etablieren damit beim Publikum den Anspruch, dies als Voraussetzung anzusehen, auf die man
sich stets berufen kann. Ich verspreche Ihnen: Der Satz „Darf
ich das jetzt auch untersuchen?“ wird Sie an einer Stelle einholen, wo Sie
ihn überhaupt nicht brauchen können! Erteilen Sie lieber konkrete Aufträge: „Mischen
Sie bitte das Spiel“, „Sie dürfen abheben“ oder „Würden Sie das Seil kurz halten?“ Auch so vermitteln Sie die Vorstellung, das Requisit
müsse doch ganz normal sein – aber
ohne Verwendung des bösen Worts „untersuchen“!
Nach
langer Vorrede nun einer meiner Lieblingseffekte,
den ich vor einem kleinen Kreis schon sehr oft gezeigt habe. Er beweist
überzeugend, dass man mit Spielkarten weit mehr anstellen kann als die nervigen
„Ziehen Sie eine Karte“-Routinen:
Der Wandteppich des
Herrn K.
(aus
dem Buch „Roberto Extra Light“ des Schweizer Magiers Roberto Giobbi)
Das
Spiel darf geliehen und sogar unvollständig sein, es muss aber die vier Könige enthalten. Dazu brauchen
Sie noch 12 weitere, beliebige Karten.
Die Reihenfolge ist egal. Legen Sie das Päckchen auf
das Restspiel (alles rückenoben).
„Einem Freund von mir
ist neulich eine seltsame Geschichte passiert. Der ist ziemlich wohlhabend, hat
sogar ein Ferienhaus in Spanien. Und er sammelt Kunstwerke. Unter anderem hing
dort ein sehr teurer Wandteppich. Damit Sie eine ungefähre Vorstellung haben –
nehmen wir einmal 16 Karten!“
Zählen
Sie von oben die 16 Karten ab.
„Wollen Sie mischen?“
Da
die Sequenz in dem Päckchen egal ist, darf der Zuschauer dies nach Herzenslust
tun. Fächern Sie die Karten dann bildoben
auf:
„Sie sehen: eine
bunte Reihenfolge.“
„So ungefähr müssen Sie sich das gute Stück vorstellen... Obwohl das
Ferienhaus natürlich von einem Wachdienst betreut wurde, war mein Freund sehr
vorsichtig. Er hatte in den Wandteppich ein unauffälliges Muster einarbeiten
lassen, damit er als sein Eigentum identifiziert werden konnte. Ich zeige Ihnen
das einmal:“
Drehen
Sie nun entsprechend der Abbildung einen Teil der Karten mit der Rückseite nach oben (in der Skizze
schraffiert). Für einen Zuschauer, der Ihnen gegenübersitzt, ist somit der
Buchstabe „K“ zu sehen.
„Ich weiß nicht, ob
Sie es sehen – aber man kann einen Buchstaben erkennen. Welchen? Richtig, ein „K“,
denn mein Freund heißt König.
Leider kam es, wie es
kommen musste: Trotz der Sicherheitsmaßnahmen gelangten Einbrecher in die Villa
und erkannten sofort den Wert des Gobelins. Sie schnitten ihn ab und falteten ihn zum
Abtransport zusammen.
Was meinen Sie: Auf
welcher Seite haben die Diebe mit dem Zusammenfalten begonnen? Hier oben?“
Betrachten
Sie die Skizze: Hat sich der
Zuschauer für den oberen Rand
entschieden, drehen Sie diese vier
Karten um und legen sie auf die nächstinnere Reihe. Damit liegen die
Karten nun nur noch in drei Reihen,
die nun oberste von links nach rechts:
Karte
bildoben / Karte rückenoben / König rückenoben / König bildoben.
Hätte
sich der Zuschauer für die (von Ihnen aus gesehen) rechte Seite entschieden,
würden diese Karten entsprechend auf die nächstinnere Reihe „umgeklappt“ (siehe
Skizze). Er könnte sich aber auch für eine der beiden anderen Seiten
entscheiden, hat also vier Möglichkeiten. Entsprechend verfahren Sie.
„Und wie dann weiter?
Auf derselben Seite oder einer anderen?“
Wieder
klappen Sie die entsprechende Reihe nach innen. So geht es weiter, bis
schließlich alle Karten ein einziges Päckchen
bilden. Das „Auffalten“ müssen Sie immer wieder gestisch illustrieren, damit sich das Bild eines Teppichs einprägt,
den man auf diese Weise transportfertig macht.
„Vielen Dank!
Übrigens… genauso haben es die schweren Jungs damals gemacht!“
Werfen
Sie dem Helfer einen misstrauischen Blick zu (ein garantierter Lacher).
„Die Polizei hat ja
alles versucht, die Kerle zu fassen – leider vergeblich. Aber mein Freund hatte
Beziehungen zum Kunstmarkt. Und siehe da: Nach einigem Suchen entdeckte er den
zusammengefalteten Wandteppich im Schaufenster eines Händlers. Natürlich stritt
der erstmal ab, dass es sich um Hehlerware handle. Doch es gab ja die geheime Markierung!“
Bei
dem Päckchen, das nun vor Ihnen liegt, gibt es zwei Möglichkeiten: Die vier Könige liegen rückenoben, dann sieht man alle
anderen Karten von der Bildseite.
Sollte es genau umgekehrt sein (erkennt man meist schon am Schluss der Auffalterei),
drehen Sie den Stapel einmal um. Dann ziehen Sie die Karten zu einer
langen, waagrechten Reihe auseinander und schieben Sie die vier rückenobenen
Karten nach vorne heraus.
„Mein Freund hieß
nämlich mit vollem Namen Karl
Klaus-Konrad König!“
Wenden
Sie die vier Karten bei diesen Worten genüsslich um:
Es sind die vier
Könige!
Für
mich einer der schönsten Story-Tricks,
die ich kenne: 16 Karten illustrieren die Webart eines Gobelins. Das Publikum
hat bis zum Schluss keine Ahnung, wohin die Reise geht. Umso überraschender ist
das Ergebnis, welches synchron bildlich
und sprachlich präsentiert wird.
Probieren
Sie es aus und verblüffen Sie sich selber. Viel Spaß!
Auch dieses Kunststück gehört zu den „Selbstgänger-Effekten": Ein Laie kann es ohne „Fingerfertigkeit" vorführen. Bedenken Sie aber einen Satz des Magiers Gordon Bruce: „Es gibt vielleicht Selbstgänger-Tricks, aber keine Selbstgänger-Präsentationen!"
Auch dieses Kunststück gehört zu den „Selbstgänger-Effekten": Ein Laie kann es ohne „Fingerfertigkeit" vorführen. Bedenken Sie aber einen Satz des Magiers Gordon Bruce: „Es gibt vielleicht Selbstgänger-Tricks, aber keine Selbstgänger-Präsentationen!"
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