Öfters
sehe ich Zaubervorstellungen, welche mir anfangs gut gefallen –im weiteren Verlauf allerdings wird mir immer fader zumute. Oft liegt es an der
Überlänge. Ich habe es noch nie erlebt, dass eine Ausdehnung von mehr als anderthalb
Stunden eine Verbesserung brachte, im Gegenteil.
Häufiger
liegt es aber daran, dass der Kollege einen Typ
von Zaubereffekt, eine bestimmte Vorführweise
in Variationen wiederholt (z.B. Manipulatoren, die zuerst Spielkarten
vermehren, dann Billardbälle, schließlich Münzen etc.). Oder es werden ständig Zuschauer einbezogen und ähnlichen
„Gags“ ausgesetzt, man holt das x-te
Kind auf die Bühne und kostümiert es wieder mit Umhang plus Zauberhut.
Kollegen,
die ihre Begabung in der Comedy sehen, reißen pausenlos Witze, Mentalisten
lesen unentwegt Gedanken: Nach einiger Zeit ahnt man, was kommt, und hat immer
weniger Lust, es zu erleben.
„Variatio
delectat“ – die Abwechslung erfreut halt und nicht die Eintönigkeit. Nach der Befolgung dieser
Regel sucht man in künstlerischen Darbietungen oft vergeblich!
Trotz
unterschiedlicher Erscheinungsart sind viele Zaubereffekte vom
prinzipiellen
„Strickmuster“
her sehr ähnlich. Nachfolgend – ohne Anspruch auf Vollständigkeit – eine kleine
Aufstellung gängiger Touren:
·
Produktionen: Aus
scheinbar leeren Behältnissen erscheint eine Unmenge an Gegenständen (meist gut
zusammenlegbar wie Seidentücher und -bänder, Klapp- oder Federblumen bzw.
Schaumstoffartikel). In der Branche nennt man das etwas respektlos „Auspacknummern“.
·
Verschwinde-Effekte: Kommen
isoliert seltener vor, da sie einen „Anticlimax“ darstellen – wenn etwas
Interessantes plötzlich weg ist, wirkt dies eher enttäuschend (Beispiel:
Spazierstock wird in Zeitung gewickelt und löst sich „in Luft“ auf).
·
Wanderungen und Verwandlungen bilden
eine Kombination der obigen Muster: Ein Gegenstand verschwindet, ein anderer
(oft damit in Beziehung stehender) erscheint dafür (bzw. der gleiche an einem
anderen Ort). Dieser Kunststücktyp kommt in Zauberprogrammen sehr häufig vor
(z.B. einzelne Tücher werden zu einer Tücherkette, Schwammball wandert in
Zuschauerhand).
·
Repeat-Effekte: Deren
magische Wirkung geht davon aus, dass sich Unerklärliches oft wiederholt, was
immer erstaunlicher anmutet. Häufig zeigt man Produktionen auf Raten wie beim
„Six Card Repeat“ (von sechs Karten wird eine weggelegt, es bleiben wieder sechs
übrig usw.) – wird auch mit Geldscheinen, Blumen oder Seilen vorgeführt.
Ebenfalls gehört die beliebte „Flaschenvermehrung“ in diese Sektion. Gerne
werden solche Zaubereien als „Running Gag“ eingesetzt (z.B. der unerschöpfliche
Wasserkrug alias „Ganga“).
·
Restaurationen: Zerstörtes
wird ganz gemacht (z.B. Zeitungszerreißen, Seilzerschneiden oder die zersägte
Dame). Verwandt damit sind Darbietungen, bei denen aus Unordnung wieder Ordnung
entsteht wie beim berühmten „Kubusspiel“.
·
Durchdringungen: Oft
vorgeführte Varianten dieses Typs sind natürlich das Ringspiel oder
Befreiungseffekte; es gibt allerdings kaum einen Gegenstand, bei welchem die
Solidität der Materie nicht per Trick in Frage gestellt werden kann!
·
Geheimnisse oder Gedanken erraten: Hierzu
gehören sicherlich zwei Drittel aller Kartenkunststücke, wo in immer wieder
neuen Varianten gewählte oder gedachte Karten gefunden werden. Die „Abnutzungsgefahr“
ist hierbei hoch, da solche Effekte sehr häufig gezeigt werden und deren Ende
meist ziemlich erwartbar ist! Aber auch zu anderen Themen (z.B. Wörter aus
Büchern erraten) existiert eine Fülle von Mentalexperimenten.
·
Links-Rechts-Effekte beruhen
auf einer bilateralen Anordnung von meist ähnlichen Requisiten und zeigen oft
Wanderungen (z.B. die klassischen Flasche-Glas-Routinen oder die
„Hopp-Hopp-Kaninchen“). Häufig besteht das Muster auch darin, dass eine
Veränderung der einen Seite dann auf der anderen Position „gespiegelt“ wird
(z.B. wiederum beim Kubusspiel).
·
Aufsitzer sind bei Zauberern recht
beliebt: Dem Publikum wird eine scheinbare Trickerklärung angedient, allerdings
diese am Ende widerlegt. Das führt zwangsläufig zu einem intensiven Kontakt mit
dem Publikum, welches auf die scheinbare Lösung einsteigt. Solche Provokationen
bergen allerdings auch Risiken, wenn sich die Zuschauer (gerade Kinder) zu sehr
„veralbert“ fühlen.
· Story-Tricks: Basis ist
hier eine häufig poetisch-märchenhafte oder lustige Geschichte, die durch einen
Zaubereffekt illustriert wird. Die magische Stimmung bewirkt vor allem der Text
und dessen schauspielerische Interpretation. Beispiele sind die Kunststücke von
Punx wie das „Märchen von den vier Wünschen“ oder sein „Herz aus Glas“.
·
Comedy-Effekte sind
derzeit nicht nur in der Kinderzauberei sehr beliebt. Sie reichen von
ungewöhnlichen Eigenschaften bestimmter Gegenstände (z.B. zerbrechender
Zauberstab oder quietschender Salzstreuer) bis zu Parodien auf klassische
Zaubereffekte (Zersägeillusion geht schief). Die Vorführenden geben sich oft
skurril bis paranoid, was – je nach Inszenierung und Interpretationskunst –
sehr lustig oder auch nervtötend wirken kann.
·
Routinen mit Zuschauerbeteiligung sind seit
längerer Zeit ein absolutes „Muss“ in der Szene. Häufig wird ein unschuldiger
Gast zunächst verbal angemacht, fungiert dann einige Zeit als Kontrast zum perfekten
Magier und darf – wenn er Glück hat – abschließend doch noch selber zaubern.
Besonders schwer erträglich, wenn diese Strategie bei einem Auftritt öfter eingesetzt
wird.
Sicherlich
könnte man hier noch zahlreiche
Kategorien anfügen, zudem gehören
manche Kunststücke in mehrere Bereiche.
Aber mir kommt es nicht auf eine lexikalische Vollständigkeit an, die sowieso
nicht erreichbar ist – glücklicherweise kann jede Routine eigenständig gestaltet werden. Was Sie aber versuchen sollten:
Ordnen
Sie Ihre Kunststücke bestimmten Typen zu – und zeigen Sie in einem
Programm möglichst nur eine Nummer aus jedem Bereich!
Dies gilt
ebenso für die Art der Requisiten: Dem Laien bleiben halt beispielsweise
„Kartentricks“ in Erinnerung, egal, wie unterschiedlich diese
gewesen sind.
Natürlich
gibt es auch hierbei Ausnahmen.
Allerdings müssen dann deutliche Gegensätze
zwischen zwei Effekten der gleichen Kategorie bestehen – und Sie dürfen diese
Nummern keinesfalls hintereinander platzieren!
Weitere Kontrastmöglichkeiten
für Ihr Programm:
·
langer, ausgefeilter Ablauf mit mehreren, sich steigernden Touren
·
sehr kurzer, direkter und überraschender Effekt
·
stark über die Textlinie wirkende Routine („Wörtertrick“)
·
Kunststück, welches allein durch die Optik überzeugt; oft mit
Begleitmusik
·
apparativ geprägte Nummer mit größerem Bühnenaufbau (z.B. Produktion)
·
eher kleines, einzelnes Requisit (z.B. Tuchverschwinden mit DS)
·
Running Gag (z.B. Ganga)
·
dramatisches bzw. turbulentes Kunststück
·
zauberhaft-poetische, ruhige Routine (öfters mit Begleitmusik zum
Text)
·
komische Nummer mit skurrilen Einfällen
·
seriöse, ernsthafte Darstellung
Natürlich
kann schon eine einzelne Routine
solche Gegensätze enthalten – umso
besser! Andererseits muss Ihr Gesamtprogramm nun nicht all diese Optionen
berücksichtigen: Je nach Künstlerpersönlichkeit sollte schon ein individueller
Stil erkennbar sein, welcher in die eine oder andere Richtung geht. Aber
unbesorgt, der entwickelt sich mit der Zeit von alleine – also richten Sie Ihr
Hauptaugenmerk darauf, dass Ihr Auftritt möglichst abwechslungsreich ausfällt!
Andruck
Die Wirkung der
Zauberei resultiert vorrangig aus dem Unerwarteten!
Ein Meister des Kontrastes
ist für mich David Copperfield. Zwischen spektakuläre, äußerst
medienwirksame Effekte wie die „Verschwindende
Freiheitsstatue“ schob er immer wieder kleine,
kammerspielartige Darbietungen ein – unvergesslich die „Schwebende Rose“ von Kevin
James:
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