Dies ist
sicherlich der wichtigste Bereich jeder Performance, bei dem Sie Ihre persönliche Wirkung einsetzen
müssen und der über Erfolg oder Scheitern einer Darbietung entscheidet – egal, ob es
sich um eine Moderation, einen Zauberauftritt, ein Referat oder eine Schulstunde handelt!
.
Ich habe
Vorstellungen erlebt, bei denen der Magier wie unter einer Käseglocke
arbeitete,
während das Publikum, da weitgehend unbeschäftigt, ziemlich bald den Charakter
einer „Parallelgesellschaft“ annahm.
Gründe hierfür finden sich auf beiden
Seiten: Durch die heutige Medienpräsenz
sind
viele (vor allem jüngere) Zuschauer daran gewöhnt, dass es dem flimmernden
Bildschirm vor ihnen egal ist, ob jemand an dem Geschehen Anteil nimmt oder
nicht – und was zu schwierig ist und das (immer geringer werdende) Konzentrationsvermögen überfordert, wird
halt „weggezappt“!
Die
gewichtigere Ursache liegt aber wohl beim Vorführenden:
Häufig ist der so absorbiert von Handhabung,
Ablauf und Text seiner Zaubereffekte, dass er für die Anwesenden kaum noch ein Auge hat.
Sie
gewinnen oder verlieren Ihr Publikum in den ersten 30 Sekunden!
Ausdruck
Gerade
das Intro einer Darbietung muss die
Zuseher sofort „anspringen“, damit sie erst gar nicht die Chance bekommen, auf
Distanz zu gehen. Also lassen Sie das einleitende Geschwafel und kommen Sie
sofort zur Sache! Das zweitstärkste Kunststück Ihres
Programms kommt an den Beginn – und das
tollste zum Schluss!
Dazwischen dürfen Sie es fallweise gemütlicher angehen lassen, wobei Sie
nach dem Prinzip „Spannung -
Entspannung“ immer wieder Dramatik
und Höhepunkte einbauen. Ein gleichförmiges Tempo dagegen ließe die
Betrachter früher als gewünscht „abschlaffen“.
„Was
gestrichen ist, kann nicht durchfallen.“ (Kurt Tucholsky)
Wenn die
Zuschauer unruhig bzw. unkonzentriert werden, lassen Sie die schwächeren Programmpunkte aus und
steuern umgehend die „Schlusskurve“ mit dem (hoffentlich) überzeugenden Finale an. Dies ist besonders wichtig
bei Kindervorstellungen: Während
Erwachsene schon aus Höflichkeit oft trotz Ermüdung die Augen offen halten,
bekommen Sie ein junges Publikum kaum noch in den Griff. Der Schlusseindruck entscheidet, und es
wäre Ihr „Super-GAU“, wenn die letzten fünf Minuten in der allgemeinen Unruhe
untergingen!
Die
Zeitdauer eines Auftritts ist stets eine „gefühlte“ Größe!
Noch nie
hat mich ein Veranstalter gerügt, wenn ich die vorgesehene Auftrittsdauer unterschritten habe. Wenn es toll läuft, hat man
nach dem Eindruck von Laien eh „relativ kurz“ gezaubert, und das
Gegenteil ist nicht erstrebenswert. Gerade bei größeren Feiern wurden die Gäste
meist schon mit einer Unmenge von Darbietungen
respektive
viel Essen und Trinken versorgt – dass sie zu Beginn Ihrer Vorführung dann
bereits „abgefüllt“ sind (in welchem Sinne auch immer), ist nicht Ihre Schuld,
oft genug wissen Sie das vorher gar nicht so genau.
Die
richtige Programmdauer haben Sie gewählt, wenn es nachher heißt: „Schade,
dass es schon vorbei ist“ und nicht „Wann hört der denn endlich auf?“
Verzichten
Sie auf das heute übliche Getue mit mindestens drei Zugaben! Wenn Sie einen (hoffentlich gigantischen) Schlusseffekt bringen, geht danach
nichts mehr. Daher kündige ich den meist als „Zugabe“ an!
Führen
Sie stets einen Dialog mit den Zuschauern!
Das gilt
auch, wenn diese nicht mit Worten
reagieren! Mit der Zeit werden Sie es
schaffen,
die Fragen, die Ihnen unausgesprochen gestellt werden, zu beantworten,
auf Lachen, Gemurmel, Unruhe etc. zielgenau einzugehen.
Dies
lernt man allerdings nur bei realen Auftritten – schon deshalb ist das
Üben am Schreibtisch, vor dem Spiegel oder der Videokamera kein Ersatz. Lassen
Sie lieber eine „echte“ Vorstellung
von sich aufnehmen und analysieren hinterher alle Probleme und Schwächen. Bei Testvorführungen
vor Zauberkollegen (die ja das
Geheimnis kennen oder zumindest ahnen) bekommen Sie eine Einschätzung, die mit
der Perspektive von Laien wenig zu
tun hat und Sie dadurch in die Irre führen könnte! (Ich spreche da aus
leidvoller Erfahrung…)
Arbeiten
Sie nicht für die Gäste, sondern mit dem Publikum!
Ein
wichtiges Stilmittel ist der abwechselnde
Augenkontakt mit verschiedenen
Zuschauern;
stellen Sie sich vor, dass Sie dabei mit genau dieser einen Person sprechen. Vergessen Sie nicht die ganz hinten
Sitzenden, dann wird Ihre Stimme auch laut
genug! Besonders übungsbedürftig ist dies, wenn Sie auf der Bühne ins grelle
Scheinwerferlicht schauen – dann müssen Sie sich die entsprechenden Menschen einfach
vorstellen.
Eine
weitere Möglichkeit besteht darin, gelegentlich einen „Assistenten“ – stellvertretend für alle – ins magische Geschehen einzubeziehen.
Diese Variante erfordert jedoch viel Fingerspitzengefühl;
keinesfalls dürfen Sie an Ihrem Partner grobe
Scherze exekutieren bzw. den Kontrast zwischen „Alles- und Nichtskönner“
betonen. Lassen Sie bei Frauen die
dämlichen „Anmachsprüche“ – die kennen
Ihre Zuseher bereits – und ja: Sie sind als Zauberer engagiert und nicht als Witzeerzähler!
Halten
Sie Publikums-Beteiligungen kurz!
Minutenlang auf der Bühne herumsitzende „Helfer“ zerdehnen den Zeitablauf, da sie ausführlich instruiert bzw.
korrigiert werden müssen.
Die
Gretchenfrage: Lieben Sie Ihr Publikum?
Glauben
Sie mir: Die Zuschauer merken es, ob Sie ihnen mit einer positiven Einstellung gegenübertreten oder heimlich denken: „Jetzt muss ich auch noch für diese Idioten
auftreten!“
Klar,
jeder von uns hat schon Vorstellungen in gänzlich kulturlosem Ambiente erlebt (und ich war zusätzlich 35 Jahre lang
Lehrer…). Dennoch: Ohne die Menschen, welche vor Ihnen sitzen, könnten Sie Ihre
Leidenschaft nicht ausleben. Daher
schulden Sie ihnen Dankbarkeit und Zuwendung.
Es ist
Ihre Show!
So
notwendig es ist, sein Publikum höflich
und freundlich zu behandeln, so wenig dürfen Sie sich die Inszenierung aus der Hand nehmen lassen.
Es mag Anlässe geben, wo Sie nicht gewinnen können – insbesondere, wenn
viel Alkohol im Spiel ist oder die
Zauberei halt überhaupt nicht in den gegebenen Rahmen passt. Manchmal sehen
sich die Gastgeber auch außerstande, geeignete
Vorführbedingungen zu schaffen, so dass Sie keine Chance haben, „über die Rampe zu kommen“ (ungünstige
Sichtbedingungen, Lärmbelästigung, keine adäquate Vorbereitung möglich usw.).
Ich
versuche daher im Vorfeld stets, so viel wie es geht über eine Veranstaltung zu
erfahren, notfalls durch einen Lokaltermin
vor Ort. Wenn ich mir nicht hinreichend sicher bin, dass ich eine reelle Chance
habe, sage ich ab. Lieber ein Engagement
weniger als der ganze Ärger – und
vor allem eine weitere Diskreditierung
der Zauberei als eine Kunst, die „beim
Zuschauer nicht ankommt“!
Zauberei
ist Theater!
Meist
liegt es aber an der Show selbst, wenn der Kontakt mit dem Publikum
nicht
klappt oder bald verloren geht. Wieso folgen die Zuschauer einem Theaterstück
meist ruhig, konzentriert und ohne Zwischenrufe? In erster Linie deshalb,
weil sie den Eindruck einer bis ins Letzte geprobten und durchgehenden Inszenierung haben, bei der man nicht stören
darf! Wenn Sie eine solche Vorführung bieten, wird das Resultat ähnlich sein.
Vermeiden Sie alles, bei dem die Zuschauer „den Faden verlieren“ könnten:
umständliche Texte, komplizierte Abläufe, unmotivierte Verzögerungen, zu
geringe Lautstärke, schlechte Sichtbarkeit etc.
Sie
müssen sich nicht rechtfertigen!
Machen
Sie sich nach außen hin (!) nicht abhängig von den Reaktionen Ihrer
Zuseher! Diese werden sonst darauf konditioniert, den Gang Ihres Programms
beeinflussen zu können. Damit
fordern Sie (weitere) Zwischenrufe geradezu
heraus! Sie müssen auch nicht für jeden Trick einen
Helfer zu sich bitten, alle möglichen Requisiten untersuchen lassen oder
ständig begründen, warum Sie dieses tun oder jenes lassen. Speziell
vor Kindern kommen Sie schnell in eine „Rechtfertigungsspirale“, aus der
es kein Entrinnen gibt.
Kämpfe
mit dem Publikum können Sie nur verlieren!
Im
Zweifel ist es besser, Zwischenrufe zu
überhören und stattdessen Lautstärke
und Vorführtempo zu erhöhen.
Voraussetzung ist natürlich, dass Sie sich die Sympathie des Publikums erworben haben. Es wird dann solche
Störungen eher missbilligen und Ihnen umso aufmerksamer lauschen.
Auf Zwischenrufe
einzugehen ist gefährlich, da Sie damit den Anspruch
billigen,
von Ihnen jederzeit irgendwelche
Antworten fordern zu dürfen. Riskant sind vor allem freche Sprüche („Killerphrasen“) als Reaktion. Sympathisiert
nämlich die Mehrheit mit dem „Störenfried“ (spätestens bei einer ungeschickten
Bemerkung Ihrerseits), so haben Sie bald das Auditorium gegen sich. Diesen Machtkampf können Sie nicht gewinnen,
also lassen Sie sich erst gar nicht darauf ein, sondern konzentrieren Sie sich
auf das, was von Ihnen erwartet wird:
Zaubern
Sie, und zwar dalli!
Merke:
Das Publikum hat immer recht! Aber es bekommt auch bestenfalls
die
Vorstellung, die es verdient…
Ich habe bei diesem Text ein
Kapitel aus meinem Zauberbuch (S. 38 -42) neu bearbeitet:
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